Alles über Blutkrebs und die Stammzellspende
Alle 12 Minuten erkrankt in Deutschland ein Mensch an Blutkrebs, weltweit alle 27 Sekunden
Jedes Jahr sterben rund 19.500 Menschen in Deutschland an Blutkrebs
Blutkrebs ist nach wie vor die häufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle bei Kindern.
Jeden Tag vermittelt die DKMS 24 Stammzellspenden und damit 24 zweite Lebenschancen weltweit
Was ist Blutkrebs?
Blutkrebs ist ein Sammelbegriff für verschiedene bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems, bei denen Blutzellen entarten und sich unkontrolliert vermehren. Diese entarteten, bösartigen Zellen verdrängen die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und die Blutplättchen (Thrombozyten).
Rote Blutkörperchen transportieren normalerweise Sauerstoff, weiße Blutkörperchen bekämpfen Infektionen und Blutplättchen stoppen Blutungen. Werden diese gesunden Blutzellen von funktionsuntüchtigen, kranken Zellen verdrängt, kann das Blut seine lebensnotwendigen Aufgaben nicht mehr übernehmen.
Wie werden Blutkrebspatient:innen behandelt?
Die Art der Therapie hängt von verschiedenen Faktoren ab – von der genauen Diagnose und dem Stadium der Erkrankung bis hin zu Alter und Allgemeinzustand der Patientin oder des Patienten. Die Behandlungsgrundlage bildet meist eine Chemotherapie. Sie hat zum Ziel, die Blutkrebszellen komplett zu zerstören, damit das blutbildende System anschließend wieder neue, gesunde Zellen herstellen kann. Manchmal setzen Ärztinnen und Ärzte auch eine Bestrahlung oder eine Kombination aus Chemotherapie und Bestrahlung ein.
Für viele Betroffene– sowohl Kinder, als auch Erwachsene – ist jedoch eine Stammzelltransplantation oftmals die einzige Chance auf Heilung. Nur etwa ein Drittel der Patient:innen findet die oder den passende:n Spender:in in der Familie. Alle anderen sind auf eine Fremdspende angewiesen.
Was passiert bei einer Stammzelltransplantation?
Bei der allogenen Transplantation werden Knochenmark- bzw. Stammzellen eines Familien- oder Fremdspenders übertragen. Diese fremden Zellen würden ohne Unterdrückung des Immunsystems von der Empfängerin oder vom Empfänger abgestoßen. Verhindert wird dies durch eine hoch dosierte Chemotherapie, gegebenenfalls in Kombination mit einer Ganzkörperbestrahlung. Dadurch werden zum einen die bösartigen Tumorzellen zerstört, zum anderen aber auch die Stammzellen der Patientin oder des Patienten unterdrückt. Sie können in der Folge allmählich durch die Spenderzellen ersetzt werden. Im Anschluss an die Transplantation ist die Gabe von Medikamenten zur Unterdrückung der Immunabwehr nötig, um eine Abstoßungsreaktion (GvHD) zu vermeiden.
Was sind Stammzellen?
Die Stammzellen, die für eine Transplantation benötigt werden, sind Blutstammzellen und befinden sich im Knochenmark aller Knochen, in hoher Konzentration vor allem im Beckenkamm und in geringerer Konzentration auch im peripheren Blut. Stammzellen sind die Mutterzellen aller Blutzellen und für die Blutbildung zuständig.
Wie läuft eine Stammzellspende ab?
Es gibt zwei verschiedene Methoden, Stammzellen zu spenden: die periphere Stammzellentnahme und die Knochenmarkentnahme.
- Die periphere Stammzellentnahme kommt derzeit mit circa 90 Prozent am häufigsten zum Einsatz. Bei dieser Methode werden die Stammzellen über ein spezielles Verfahren (Apherese) aus dem Blut gewonnen. Die Ärztin oder der Arzt legt dazu jeweils einen Zugang in beide Armvenen, ähnlich der Blutspende.
Zuvor erhalten alle Spender:innen über fünf Tage hinweg ein Medikament mit dem Wachstumsfaktor G-CSF. Der hormonähnliche, körpereigene Stoff G-CSF sorgt für eine vermehrte Produktion von Stammzellen und deren Ausschwemmung in die Blutbahn.
Die periphere Stammzellentnahme dauert normalerweise drei bis höchstens fünf Stunden. In der Regel können unsere Spender:innen die Entnahmeklinik noch am selben Tag verlassen. Nur sehr selten wird ein zweiter ambulanter Entnahmetag notwendig.
- Die Knochenmarkentnahme kommt bei etwa 10 Prozent der Stammzellspenden zum Einsatz. Bei der Knochenmarkentnahme wird den Spender:innen in einer zertifizierten Entnahmeklinik unter Vollnarkose circa ein Liter Knochenmark-Blut-Gemisch aus dem Beckenkamm entnommen. Das sind etwa fünf Prozent des Gesamtknochenmarks.
Das Knochenmark regeneriert sich innerhalb weniger Wochen. Im Anschluss an die Knochenmarkentnahme ist es möglich, dass für wenige Tage ein lokaler Wundschmerz auftritt, ähnlich dem bei einer Prellung. Zur Knochenmarkentnahme bleiben unsere Spender:innen normalerweise für ein bis zwei Nächte im Krankenhaus. Anschließend raten unsere Ärzt:innen dazu, sich nach Rücksprache mit der Entnahmeklinik noch einige Tage zu Hause zu erholen.
Das gesundheitliche Risiko der Knochenmarkentnahme ist gering. Es beschränkt sich im Wesentlichen auf das allgemeine Risiko, das mit jedem chirurgischen Eingriff einhergeht. Um vermeidbare Risiken auszuschließen, hat für uns die sorgfältige medizinische Voruntersuchung unserer Spenderinnen und Spender höchste Priorität.
Wie sind die Heilungschancen?
Die Erfolgschance, dass eine Patientin oder ein Patient durch eine Stammzelltransplantation den Blutkrebs besiegt und wieder gesund wird, hängt von sehr vielen verschiedenen Faktoren ab, weshalb es schwierig ist, eine Prognose zu treffen. Der Spenderin oder dem Spender sollte bewusst sein, dass eine Transplantation für die Empfängerin oder den Empfänger keine Überlebensgarantie darstellt, für viele Blutkrebspatient:innen jedoch die einzige oder letzte Lebenschance bedeutet.
Einflussfaktoren auf den Therapieerfolg sind u.a. die Art der Grunderkrankung, das Krankheitsstadium bei Diagnose und zum Transplantationszeitpunkt, das Alter und der Allgemeinzustand der Patientin oder des Patienten, eventuelle Begleiterkrankungen, die Art der Konditionierung und der Grad der Übereinstimmung der Gewebemerkmale von Spender:in und Patient:in bei einer Transplantation.
Dürfen sich Spender:in und Empfänger:in kennenlernen?
Nach der Entnahme bzw. der Transplantation dürfen Spender:in bzw. Patient:in nur auf Nachfrage Informationen zum Geschlecht sowie ungefähre Angaben bezüglich Herkunft und Alter des jeweils anderen erhalten. Wichtig ist, dass die Anonymität dabei nicht gefährdet wird.
Bis ein Kennenlernen nach erfolgreicher Stammzelltransplantation möglich ist, müssen bestimmte Regeln eingehalten werden. Vor dem ersten Zusammentreffen besteht eine verbindliche Anonymitätsfrist. Die Kontaktsperre beträgt in den meisten Ländern, u.a. auch in Deutschland, zwei Jahre. Ein direkter Kontakt zwischen Spender:in und Patient:in ist also frühestens zwei Jahre nach der ersten Transplantation erlaubt
Zuvor ist in einigen Ländern bereits eine anonyme Korrespondenz möglich. Dies ist in den „Deutschen Standards für die nicht verwandte Blutstammzellspende“ geregelt, denen auch die DKMS folgt. Ziel ist es unter anderem, den Schutz der Identität von Spender:innen und Patient:innen unbedingt und bestmöglich zu gewährleisten, solange es die Anonymitätsfrist vorschreibt.
Die länderspezifischen Regelungen sind jedoch sehr unterschiedlich: Beispielsweise erlauben manche Länder nur einen einmaligen Briefwechsel, andere setzen voraus, dass die Patientin oder der Patient den ersten Brief schreibt.