DKMS Labor für wissenschaftliche Publikation ausgezeichnet
Kampf gegen Blutkrebs: den Geheimnissen der HLA-Merkmale auf der Spur
Das DKMS Life Science Lab in Dresden, ein Tochterunternehmen der Stammzellspenderdatei DKMS, hat den „Best Research Paper of 2019 Award“ für die einflussreichste wissenschaftliche Publikation im Fachjournal Human Immunology erhalten. Verliehen wird der Preis alljährlich von der international renommierten American Society of Histocompatibility and Immunogenetics (ASHI).
„Mund auf. Stäbchen rein. Spender sein“ – die DKMS ist bekannt als weltweit größte Stammzellspenderdatei. Doch das Engagement der gemeinnützigen Organisation reicht weit über das Registrieren potenzieller Stammzellspender:innen hinaus: Im Kampf gegen Blutkrebs treibt die DKMS mit eigenen Forschungsprojekten auch den medizinisch-wissenschaftlichen Fortschritt voran. Das DKMS Life Science Lab, wo täglich bis zu 7.000 Wangenabstrich-Proben potenzieller Stammzellspender:innen analysiert werden, nimmt dabei eine Schlüsselposition ein.
Voller Einsatz für das perfekte „Match“
Die preisgekrönte Arbeit mit dem Titel „Patterns of non-ARD variation in more than 300 full-length HLA-DPB1 alleles“ (doi.org/10.1016/j.humimm.2018.05.006) beschäftigt sich mit bisher wenig untersuchten Regionen eines bestimmten HLA-Merkmals (human leukocyte antigene). HLA-Merkmale bilden eine Art Signatur der Zellen, die dem Körper bei einer Stammzelltransplantation signalisieren, ob es sich um körpereigenes oder körperfremdes Material handelt. Damit es nicht zu Abstoßungsreaktionen kommt, müssen die HLA-Merkmale nicht verwandter Spender:innen und Patient:innen möglichst genau übereinstimmen. „Deshalb ist es ungeheuer wichtig, möglichst viel über die Beschaffenheit von HLA-Merkmalen zu wissen“, weiß Dr. Gerhard Schöfl, Leiter der Abteilung Bioinformatik im DKMS Life Science Lab. „Jede neue Entdeckung ist ein Schritt hin zu unserem Ziel, Stammzelltransplantationen erfolgreicher und sicherer zu machen.“
Tiefe Einblicke in wenig beachtete Regionen
Er und sein Team geben sich deshalb mit dem Status quo nicht zufrieden, sondern dringen mit ihrem Forschergeist immer weiter in unbekannte Gefilde der Immungenetik vor – so auch im Falle des HLA-DPB1-Gens: Im Rahmen der HLA-Typisierung von Stammzellspender:innen spielte bisher nur ein bestimmter Teil dieses Gens, das DPB1-Exon 2, eine Rolle. Von dieser Region weiß man schon länger, dass sie für die Spenderzuordnung wichtig ist. „Wir haben uns nun die vollständige Gensequenz sehr genau angeschaut“, erklärt Steffen Klasberg, Senior Bioinformatiker und Erstautor der erfolgreichen Publikation.
Dabei nahmen die Forscher:innen insbesondere zwei Gruppen von Varianten (Allelen) des HLA-DPB1-Gens ins Visier, die eine schon bekannte Besonderheit aufweisen: Obwohl beide auf der Allel-Ebene nahezu gleich erscheinen, sind die Merkmale der einen Gruppe hoch und die der anderen niedrig exprimiert. Das bedeutet: Die beiden basieren zwar auf derselben genetischen Grundlage, treten aber als unterschiedliche Phänotypen in Erscheinung. Warum das so ist, ist noch unbekannt. Beim tiefen Blick in die Sequenzdaten entdeckten die Wissenschaftler:innen nun zwei Elemente innerhalb der Gensequenz, die dieses Rätsel möglicherweise entschlüsseln könnten. Folgestudien zu diesem Thema sind bereits geplant.
„Wir freuen uns schon jetzt auf weitere Arbeiten, die Sie in Zukunft einreichen werden“, sagte William H. Hildebrand, PhD, D(ABHI), Präsident der American Society of Histocompatibility and Immunogenetics. Zum „Best Paper Award“ gratulierte er den Preisträgern herzlich. Auch die Vorsitzende der Geschäftsführung und Global CEO der DKMS, Dr. Elke Neujahr, beglückwünschte das erfolgreiche Autorenteam und betonte: „Die großartige Arbeit, die im DKMS Life Science Lab geleistet wird, reicht weit über die üblichen Aufgaben eines HLA-Typisierungslabors hinaus. Dass wir im Kampf gegen Blutkrebs auf ein so leistungsstarkes und innovatives Labor zählen können, ist eine wichtige Säule unserer unermüdlichen Arbeit – immer mit dem Ziel, unsere Mission bestmöglich zu erfüllen.“
Zwei Sequenziermethoden für optimale Ergebnisse
Für die Charakterisierung der DPB1-Sequenzen nutzten die Expert:innen des DKMS Life Science Lab zwei verschiedene Sequenziermethoden: Die Illumina Shotgun-Sequenzierung und die PacBio Long-Read-Sequenzierung. „Die beiden Methoden ergänzen einander perfekt. Wir nutzen ihre jeweiligen Stärken und können auf diese Weise auch lange Gensequenzen in höchster Qualität auslesen“, so Klasberg. Auch zu dieser Weiterentwicklung hat das Forscherteam um Klasberg und Dr. Schöfl vor Kurzem eine Studie (doi.org/10.1111/tan.13057) veröffentlicht.
Innovationen für die ganze Welt
Von derartigen Innovationen des DKMS Life Science Lab profitieren Wissenschaftler:innen, Ärzt:innen und Patient:innen weltweit: Jede HLA-Merkmalsvariante, die im DKMS Life Science Lab neu entdeckt und in voller Länge charakterisiert wird, stellen die Forscher:innen anschließend der internationalen Referenzdatenbank für HLA-Merkmale zur Verfügung. Das bedeutet: Sie können jetzt für den Abgleich von Patient:innen und Spender:innen bei der weltweiten Spendersuche genutzt werden – unentgeltlich und in höchster Qualität. Allein im Jahr 2020 hat das DKMS Life Science Lab auf diese Weise rund 1.300 bis dahin unbekannte HLA-Merkmalsvarianten beigesteuert.
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