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21. Dezember 2021, News in Spender & Patienten

Justus kämpft sich zurück ins Leben

Ärzte hatten keine Hoffnung mehr – heute geht es dem Grundschüler gut

Als Justus (8) im Sommer nach Monaten endlich aus dem Krankenhaus entlassen wird, haben die Ärzte keine Hoffnung mehr. Sie stellen dem kleinen Blutkrebspatienten aus Stuhr bei Bremen ein Palliativ-Team an die Seite. Den Eltern erklären sie, dass Justus sie bald verlassen werde. „Das habe ich dann aber nicht gemacht“, sagt der Grundschüler keck. Inzwischen ist zwar noch immer nicht alles gut, aber Justus gilt als krebsfrei. Im November war er sogar schon für ein paar Tage wieder in der Schule.

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    Kleiner Mann ganz groß - Justus hat sich ins Leben zurückgekämpft

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    Justus während der Therapie

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    Mit diesem Bild rief die DKMS Ende 2020 dazu auf, sich für Justus und andere [...]

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    Endlich kann Justus wieder Radfahren

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Wir haben immer gesagt: Wir geben nicht auf, egal, was kommt“, sagt Justus‘ Mama Telja Fänrich beim Telefonat mit der DKMS. Die Aussicht, dass ihr Sohn nur noch kurze Zeit zu leben haben könnte, sei ein unvorstellbarer Schock für die ganze Familie gewesen. „Das Herz spürt schon, dass der Verlust grausam sein wird. Der Kopf rattert noch hinterher und hat erst ein Bruchstück dessen, was da kommt, begriffen“, schreibt die Mutter Mitte Juni bei Instagram.

Trotzdem soll nicht die Traurigkeit den größten Platz einnehmen, sondern die Freude am Leben. Und so machen die Eltern das Beste aus den vermeintlich letzten gemeinsamen Wochen mit Justus. Sie feiern seinen Kindergeburtstag nach – mit Limo und Pinata, ganz wie gewünscht. Justus erhält zu Hause Besuch von der Feuerwehr und darf mit deren Drehleiter in luftige Höhen aufsteigen. Er badet im Swimmingpool der Nachbarn, obwohl Patienten nach einer Stammzelltransplantation davon aufgrund der Keimbelastung eher abgeraten wird. Seine Eltern mieten einen Kinosaal, weil Justus so gerne noch einmal ins Kino gehen möchte, und besuchen mit ihrem Sohn ein Spiel von Werder Bremen.

Weil Justus bedauert, dass er womöglich nie eine Diskothek besuchen wird, organisiert die Familie den Besuch in einer ebensolchen. „Wir haben uns eine gute Zeit gemacht und das Leben gefeiert“, erzählt Telja Fänrich. Viele liebe Menschen helfen der Familie dabei: Bei einem Besuch im Bremer Naturerlebniszentrum Botanika laufen eigens für Justus Darth Vader, Chewbacca und einige weitere Star Wars-Figuren auf. Der Verein German Pink Force hat diese Überraschung für Justus organisiert. Der schwerkranke Junge verbringt dadurch einen unvergesslichen Nachmittag – und darf sogar sein eigenes Laserschwert bauen.

Und auch wenn Justus direkt nach der Entlassung tatsächlich starke Symptome einer erneuten Leukämie zeigt, werden diese mit jedem Tag schwächer und schwächer – und Justus aktiver und beweglicher. Als er bei einer Wasserbombenschlacht in der Nachbarschaft mitmischt, beobachtet die Mutter ihren Sohn und hält wie vom Donner gerührt inne. „Jemand, der gehen soll, verhält sich doch bestimmt anders“, denkt sie.

Sie spricht mit dem Palliativteam und mit den behandelnden Ärzten. Am 5. August wird Justus‘ Knochenmark auf Wunsch der Eltern punktiert, um das Stadium der Krankheit zu erfassen. Das Ergebnis: Justus ist krebsfrei. Zwar gibt es noch entartete Zellen im Blut, es ist aber keine Resterkrankung vorhanden.

Die Eltern glauben kaum, was sie hören. „Können Sie uns das erklären?“, fragen sie die Ärzte. Das können sie nicht. Sie staunen gemeinsam mit Justus‘ Familie über dessen Fortschritt. Vermutlich haben die Zellen von Justus‘ Spender entgegen aller Prognosen, still und heimlich seine Leukämie besiegt. „Wir haben dann erstmal Kindersekt getrunken“, sagt die Mutter.

Was also tun? Wie weitermachen? „Wenn das Palliativteam kommt und den Infusionsständer abholt, weint man normalerweise“, sagt Telja Fänrich. „Wir haben fröhlich beisammengesessen und Nussecken gegessen.

Am 10. September heiratet Justus’ Mutter seinen Stiefvater, den „Bonuspapa“, zu dem Justus ein inniges Verhältnis hat. „Wir dachten uns, gerade ist alles gut. Wer weiß, was kommt. Die Hochzeit haben wir innerhalb von zweieinhalb Wochen auf die Beine gestellt.

Ende September findet erneut eine Punktion statt. Ergebnis: keine Resterkrankung. Ebenso Anfang November – da waren auch die entarteten Zellen nicht mehr zu sehen. „Wir haben dann angefangen, Justus wieder auf die Schule vorzubereiten.

Und so durfte Justus im November für sechs Tage zur Schule gehen, bevor die vierte Welle der Corona-Pandemie ihn zurück ins Homeschooling bugsierte. Dennoch: Den Funken Normalität haben alle sehr genossen.

Es ist noch immer nicht alles gut bei Justus. Seine Nieren haben unter der Chemotherapie gelitten, er hat Probleme mit dem Essen und Trinken. Kürzlich war er erst wieder für ein paar Tage im Krankenhaus, weil ein Magen-Darm-Infekt ihn stark geschwächt hatte. Trotzdem ist die Familie guter Dinge, weil das Leben gerade so viel schöner ist als noch vor einem Jahr. Damals, als die Blutkrebsdiagnose frisch war, als Justus über Wochen und Monate im Krankenhaus bleiben musste. Als die Eltern sich vierteilten zwischen ihrem erkrankten Kind in der Klinik, seiner großen Schwester Tjalda (heute 11) und dem kleinen Bruder Nepomuk (1), der erst zweieinhalb Wochen vor der Horrordiagnose geboren worden war und auch volle Aufmerksamkeit benötigte.

In der Weihnachtszeit 2020 lief die Suche nach einem passenden Stammzellspender für Justus auf Hochtouren. 3.640 Personen ließen sich im Rahmen einer großen virtuellen Aktion ein Registrierungsset der DKMS zusenden. Die große Hilfsbereitschaft in ihrem Umfeld gab der Familie viel Kraft und Zuversicht. Gefühle, die Telja Fänrich nun gerne an andere Betroffene weitergeben möchte, in dem sie Justus‘ Geschichte erzählt.

Und Justus? Der genießt das Leben. Spielt mit seinen Geschwistern, fährt endlich wieder Fahrrad. Und backt und backt und backt. „Justus liebt das Backen. Er sucht sich die Rezepte immer selbst aus und backt mehr, als die Familie essen kann“, lacht seine Mutter.

Nun kann das Weihnachtsfest kommen. Die Aussichten sind gut, dass es ein fröhliches wird. Eines mit einem gesunden Justus, der freudig in die Zukunft blickt. Was er in eineinhalb Jahren machen möchte, weiß der Achtjährige schon ganz genau. Dann ist die zweijährige Anonymitätsfrist bei Stammzelltransplantationen vorüber und er darf Kontakt zu seinem Lebensretter aufnehmen. „Ich möchte ihn unbedingt kennenlernen“, sagt Justus. Und dann wird er ihm die Geschichte erzählen, von der Zeit, als die Ärzte ihn aufgegeben hatten, die starken Zellen des Spenders aber gemeinsam mit Justus‘ Körper und seinem unbändigen Lebenswillen dem Krebs ein echtes Schnippchen schlugen.

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