Lebenschancen an Bord: Kölner Cargopilot berichtet
„Wir können aktiv sagen: Man rettet Menschenleben“
Seit 30 Jahren fliegt Andreas Quirini für die Lufthansa, 18 Jahre davon ist er schon als Cargopilot weltweit unterwegs. In Coronazeiten hat der gebürtige Kölner regelmäßig ganz besondere Fracht an Bord – lebensrettende Stammzelltransplantate. Dieses Modell hat die gemeinnützige Organisation vor einiger Zeit gemeinsam mit den Experten für weltweite zeitkritische Transporte von time:matters sowie dem Kurierunternehmen Ontime etabliert und wird dabei auch von der Lufthansa Cargo unterstützt – denn die Krankheit kennt keine Coronapause und Patientinnen und Patienten weltweit warten auf Hilfe. Das DKMS-Redaktionsteam hat vor dem Abflug mit dem Familienvater gesprochen und dabei erfahren, dass es auch ihm ein echtes Anliegen ist, im Kampf gegen Blutkrebs zu helfen.
Ein Mittwoch im Sommer 2020 kurz vor 18 Uhr auf dem Vorfeld des Frankfurter Flughafens: Wo sonst im Sekundentakt Flugzeuge starten und landen, zigtausende Reisende täglich ein- und aussteigen ist es in Zeiten von Corona ruhig und statt dröhnender Triebwerke ist das Zwitschern der Vögel zu hören. Im Cargobereich werden derweil einige Frachtmaschinen abgefertigt, so auch eine Maschine der Lufthansa Cargo, die an diesem Abend in Richtung USA abheben wird.
Verantwortlicher Flugkapitän ist Andreas Quirini, der seit 30 Jahren für die Lufthansa im Einsatz ist, 18 Jahre davon für die Lufthansa Cargo – für den 54-jährigen Rheinländer nach wie vor ein Traumberuf. Er führt gerade den „Trip-Check“ durch, prüft dazu unter anderem die Instrumente im Cockpit und macht einen Rundgang, um das Flugzeug auch von außen zu begutachten. Auch auf die Fracht, die verladen wird, legt er ein besonderes Augenmerk. Vor der Maschine, einer McDonnell Douglas MD–11, ist der Familienvater mit einem Mitarbeiter des Expressdienstleisters time:matters verabredet und nimmt von ihm eine Transportbox in Empfang. Diese enthält ein nach allen Standards gesichertes Stammzelltransplantat, welches Quirini mit in die USA nimmt. Er fungiert dabei quasi als Kurier und händigt die Box am Zielflughafen an Fachkräfte aus, die für den Weitertransport in die Transplantationsklinik zuständig sind.
Denn auch in Coronazeiten setzt die DKMS alles daran, Blutkrebspatientinnen und Patienten weltweit mit lebensrettenden Transplantaten zu versorgen. Seit einigen Monaten hat sich das Modell „Cargo im Cockpit“ etabliert – gemeinsam mit den Experten für weltweite zeitkritische Transporte von time:matters und dem Kurierunternehmen Ontime hat die DKMS diese Lösung erarbeitet. Wie das konkret an Board aussieht, berichtet Andreas Quirini im DKMS-Talk.
Lieber Herr Quirini, Sie haben heute eine ganz besondere Fracht an Board: Was bedeutet es für Sie, Stammzellen für einen lebensbedrohlich Erkrankten dabei zu haben?
Also zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich das, was die DKMS macht, großartig finde. Es ist toll, dass es so eine Organisation gibt. Meine Frau ist auch mit Onkologiepatienten tätig und unsere Eltern haben beide schon Krebs erlitten. Insofern liegt es mir persönlich sehr am Herzen, dass wir jetzt zusammenarbeiten und der DKMS dadurch helfen, indem wir die benötigten Transplantate zum Zielpatienten bringen können.
Mit Stammzellen ist es einfach noch ein kleines i-Tüpfelchen, wo wir aktiv sagen können: Man rettet jetzt Menschenleben. Da ist man bei der Lufthansa Cargo – oder wir als Piloten – stolz drauf und wir freuen uns, das unterstützen zu können.
Es ist schon eine tolle Sache, wenn man weiß, dass man Menschen helfen kann. Erleichtert bin ich, wenn ich hinterher im Hotelbett liege und schlafen kann. Verantwortung übernehmen ist unsere Aufgabe und die nehmen wir so wahr, wie es gedacht ist.
Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen – was haben Sie gedacht, als Sie davon zum ersten Mal gehört haben?
Im Rahmen der COVID-19-Pandemie ist es natürlich so, dass auch Passagierflugzeuge wegfallen, in denen Stammzelltransplantate in der Kabine transportiert werden.
Lufthansa Cargo hat ein sehr weit verzweigtes Netzwerk und somit war es eigentlich zu erwarten, dass wir früher oder später auch andere Aufträge bekommen, um eben diese Frachtkapazitäten abzupuffern – damit die Infrastruktur erhalten bleibt. Wir haben das auch schon ein anderes Mal gehabt, dass wir Stammzellen oder Organe transportiert haben – aber es ist einfach häufiger und in „normalen Zeiten“ so, dass das auf Passagierfliegern passiert. Deswegen ist es eigentlich nicht richtig ungewöhnlich, aber es ist schön, wenn man weiß, dass man helfen kann.
Was war denn die ungewöhnlichste Fracht, die Sie transportiert haben?
Ungewöhnlichste Fracht waren drei Königspinguine. Pferde sind sehr häufig und beliebt, aber die Pinguine war schon eine großartige Nummer.
Was wünschen Sie den Patienten?
Wenn man überhaupt erstmal die Möglichkeit hat, anderen Menschen zu helfen ist das eine wunderbare Sache. Ich kann den Empfängern nur wünschen, dass alles vonstattengeht, wie es vorgesehen ist und dass sie baldmöglichst in irgendeiner Form einen maximalen Genesungsgrad erreichen. Man kann einfach nur viel Glück wünschen und hoffen, dass das alles so klappt.
Lieber Herr Quirini, ganz herzlichen Dank für das Gespräch und guten Flug!
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