DEICHBRAND Fan rettet Leben

Der DKMS Festivalsommer geht in die Vollen: Erst DEICHBRAND und WACKEN im Norden, dann das GLÜCKSGEFÜHLE Festival im Süden. Mit guter Laune und jeder Menge Registrierungssets können sich Festivalfans der unterschiedlichsten Musikstile in diesem Sommer bei der DKMS registrieren und so das Leben noch einmal auf ganz andere Art und Weise feiern.

Es ist 2015. Mit Mama und Papa im Gepäck betritt Christin zum ersten Mal in ihrem Leben ein Festivalgelände. Genauer gesagt: Das Festivalgelände des DEICHBRAND in Cuxhaven. Eigentlich kein außergewöhnlicher Ort für die damals 14-Jährige, denn sie wohnt ganz in der Nähe. Doch das Festivalgefühl ist neu. Mit „Muttizettel“ zieht sie damals von Konzert zu Konzert und ahnt dabei wahrscheinlich nicht, dass sie ab nun jedes Jahr hierherkommen wird. Neun Jahre später sogar zusammen mit der Organisation, mit der sie in der Zwischenzeit jemandem das Leben retten wird.

Fast Forward, 2018. Christin Görse, inzwischen 17 Jahre alt, lässt sich bei der DKMS als potenzielle Stammzellspenderin registrieren. Zuhause im niedersächsischen Cuxhaven über eine Onlineregistrierung. Die Rechnung ist ganz einfach für sie. „Mein Bruder hat sich registrieren lassen, da habe ich mir dann auch gleich ein Set bestellt“, erinnert sie sich. Ein Jahr später wird sie volljährig und damit in der Datenbank für den weltweiten Suchlauf freigeschaltet. Ab da können Ärztinnen und Ärzte sehen, ob sie für eine:n suchenden Patient:in das lebensrettende Match sein könnte. Der Anruf, dass sie tatsächlich einen genetischen Zwilling hat und dass der nun ihre Hilfe braucht, kommt im Sommer 2021. Ein Anruf bei der Arbeit, einer zuhause, beide verpasst sie damals, spürt aber die Wichtigkeit. „Mama hat mir gesagt: ‚Ruf da unbedingt zurück!‘ Da wusste ich schon, dass es um etwas Besonderes geht. Ich war natürlich sofort mega aufgeregt.“

Gerade erst hat sich Christin tätowieren lassen. Darum ist ihre größte Angst, „dass die Spende deshalb nicht klappt“. Doch ordnungsgemäß gestochene Tattoos, die nicht entzündet und vernünftig gepflegt wurden, sind kein Ausschlussgrund um Leben zu retten. Christin und ihr Tattoo werden also einmal untersucht und danach ist klar: Sie darf Stammzellen spenden. „Definitiv auch ziemlich praktisch, dass man selber einmal komplett durchgecheckt wurde vor der Spende. So wusste ich: Ich bin völlig gesund und dass für die anstehende Spende alles passt.“

Die findet wenig später in der Charité Berlin statt. Christin spendet wie 90 Prozent aller Spender:innen über das periphere Entnahmeverfahren. Das heißt, ihre Stammzellen werden über ein spezielles Verfahren, die sogenannte Apherese, aus dem Blut gewonnen. Dazu wird ihr jeweils ein Zugang in beide Armvenen gelegt, ähnlich einer Blutspende. „Ich mag‘s gar nicht, hinzugucken, wenn die Nadeln gesetzt werden. Aber in dem Moment wusste ich ja, wofür es ist und im Vergleich zu der Person, die erkrankt und auf diese lebensnotwendige Spende angewiesen ist, ist das ja ein Klacks.“

Fünf Stunden später ist dieser „Klacks“ dann auch vorbei für die damalige Studentin. Ihre Stammzellen gehen, so wird es ihr gesagt, an „einen erwachsenen Mann aus den USA“. Ein paar Mal überlegt sie danach, ob sie einen anonymen Brief schreiben soll, schreibt ihn auch, aber schickt ihn nicht ab. Erst mit Ablauf der zweijährigen Anonymitätsfrist traut sie sich – und bekommt prompt eine Antwort.

Ted, heute 72 Jahre alt aus Florida, USA meldet sich per Brief bei Christin. Seine Worte bewegen sie tief: „Er hat geschrieben, er ist dankbar, dass er dank mir noch längere Zeit auf dieser Welt hat, die er mit seiner Frau verbringen darf. Als ich das gelesen habe, habe ich auch geweint.“ Zwei Generationen, zwei Kontinente. Unterschiedlicher könnten die Softwareentwicklerin und der geheilte Blutkrebspatient nicht sein. Doch neben dem identischen blutbildenden System, das sie nach der Transplantation nun haben, finden sie schnell weitere Gemeinsamkeiten. Ted filmt gerne, Christin auch. Ted geht tauchen, Christin liebt Wassersport. „Und da merkt man, man ist sich ziemlich ähnlich. Das war schon sehr cool.“

Dass sie ihren genetischen Zwilling besuchen will, weiß die heute 23-Jährige „eigentlich sofort“. Sie hat Verwandtschaft in Florida und „wollte eh‘ mal wieder hin“. Gesagt, getan. Voller Vorfreude geht es also im März 2024 tatsächlich über den großen Teich. Wie bei Christins erstem DEICHBRAND Besuch auch diesmal mit Mama Dagmar Görse im Gepäck.

Als sie auf Teds Farm aussteigen, wird Christin von ihren Gefühlen überrannt. „Ich wusste zu 100 Prozent, dass ich heulen werde, aber definitiv aus Freude“, lacht sie. „Für mich ist das surreal alles. Auch die Begegnung mit Ted. Er meinte, ich habe sein Leben gerettet. Das ist für mich unbegreiflich.“

Drei Tage verbringen die genetischen Zwillinge, Mama Görse und Teds Frau miteinander. Sie machen eine Bootstour, essen, reden und gehen spazieren. Und Christins erstes Gefühl der Ähnlichkeiten wird bestätigt. „Wir waren nie wirklich Fremde. Ted und seine Frau waren sehr herzlich, eher wie Großeltern aus der Ferne.“

Die Dankbarkeit, ein Leben gerettet zu haben, möchte Christin weitergeben. Die ganze Spende habe sie als Mensch positiv beeinflusst. „Allein der emotionale Werdegang durch die Story hat mir gezeigt, wie gerne ich darüber rede, wie glücklich mich das gemacht hat und wie mich das vorwärtsgebracht hat.“ Und so ist es keine Frage für sie, dass sie sich weiter für die DKMS engagiert. Als Volunteer ist Christin seit ihrer Rückkehr aus den USA Ehrenamtlerin für die gemeinnützige Organisation. In Schulen hält sie Vorträge darüber, wie einfach Registrierung und Spende ablaufen und wie sich Helfen anfühlen kann. Auch auf dem DEICHBRAND Festival beantworten DKMS Volunteers aufkommende Fragen und unterstützen bei der Registrierung.

„DEICHBRAND ist für mich eine Woche Leichtigkeit“, sagt sie. In den letzten neun Jahren Festival auf „ihrem“ Heimat-Deich ist Christin oft zwischen den Konzerten mit ihren Freund:innen zu den Ständen gegangen und mit Firmen ins Gespräch gekommen. Das hofft sie auch für die DKMS. „Es ist leider noch viel Unwissen da, wie viele Risiken es gibt und wie kompliziert alles ist. Dieses Unwissen kann man nehmen.“

Wer also noch Fragen oder Sorgen rund um die Registrierung als Stammzellspender:in bei der DKMS hat, kann vom 18.-21. Juli an den DKMS Stand des DEICHBRAND Festivals kommen und sich dort direkt registrieren lassen. Von 12 bis 20 Uhr hat der Stand auf dem „Playground“ geöffnet.

Ende Juli gibt es für alle Metalheads die Möglichkeit, sich auf dem Wacken Open Air (W:O:A) zu registrieren, und Mitte September ist die DKMS mit einem Stand auf dem GLÜCKSGEFÜHLE Festival am Hockenheimring zu finden. Wer nicht warten möchte, sondern sofort als potenzielles Match für alle Blutkrebspatient:innen zur Verfügung stehen möchte, registriert sich jederzeit unter www.dkms.de.

Mund auf. Stäbchen rein. Spender sein.

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