Er hat meinem Kind das Leben gerettet
In Oderberg trafen DKMS-Spender Sören Herms (35) aus Wittenberge und seine kleine Empfängerin Leonie Petschel (14) aus Rüdnitz zum ersten Mal aufeinander
Den Moment, als Constanze Falk aus Rüdnitz Sören Herms zum ersten Mal in die Arme schloss, wird sie so schnell nicht vergessen. „Es war überwältigend“, sagt sie. Denn der Bundeswehr-Soldat (35) hatte durch seine Stammzellspende das Leben von Constanzes Tochter Leonie (14) gerettet. Nach Ablauf der zweijährigen Anonymitätsfrist trafen die ehemalige Blutkrebspatientin und ihr Lebensretter in einem Familienzentrum im brandenburgischen Oderberg zum ersten Mal aufeinander.
Normalerweise sei er ein ruhiger, gelassener Mensch, erzählt Sören Herms im Gespräch mit der DKMS. Doch das erste Treffen mit dem Kind, dem er im Frühsommer 2021 durch eine Stammzellspende eine zweite Lebenschance schenkte, ließ auch den erfahrenen Bundeswehr-Soldaten nicht kalt. „Ich war ziemlich nervös“, sagt er. „Und emotional. Ich wusste, diese Situation ist einmalig. Das werde ich nicht noch einmal erleben.“
Ähnlich erging es der Neuntklässlerin Leonie. „Vor dem Treffen war Leonie erstaunlich ruhig“, sagt ihre Mutter Constanze. „Doch als sie Sören sah, konnte sie nicht mehr aufhören zu weinen. Auch für mich war es ein extremer Moment. Da stand der Mensch, der meinem Kind das Leben gerettet hatte. Der einfach so gesagt hatte: ‚Hier, nehmt mein Knochenmark!‘“
„Es war eine ganz tolle Atmosphäre im Raum“, schwärmt Sören Herms. „Ich habe Leonie gesehen und mich so gefreut, dass sie gesund und fröhlich war. Das war ein überragendes Gefühl. Allerdings wusste ich zunächst nicht, was ich sagen sollte.“
Doch nach den ersten emotionalen und wortkargen Momenten kommen Leonie, ihre Eltern, der Spender und seine Verlobte Sina schnell ins Plaudern. Leonies Familie berichtet von der schrecklichen Zeit nach der Diagnose, als Leonie gerade einmal elf Jahre alt war. „Leonie hatte fast 14 Tage lang hohes Fieber. Sie war blass, konnte kaum laufen“, erzählt die Mutter. Als endlich ein Blutbild gemacht wird, erhalten die Eltern am nächsten Tag die Schock-Diagnose Leukämie – Blutkrebs. Schnell steht fest: Zum Überleben benötigt das Kind die Stammzellspende eines Fremden. Ende Mai 2021 erhält Leonie Sörens Stammzellen. Von da an geht es Schrittchen für Schrittchen aufwärts.
Heute geht es Leonie wieder richtig gut. Sie besucht die neunte Klasse, liest für ihr Leben gern oder geht mit dem Familienhund spazieren.
„Ich würde jederzeit wieder spenden“, sagt Sören Herms. Als er den Anruf der DKMS erhielt, er könne möglicherweise ein Leben retten, sei dies für ihn ein toller Moment gewesen, sagt er. „Ich wusste: Für eine andere Person bin ich möglicherweise der Sechser im Lotto.“ Bereits viele Jahre vor seiner Spende – bei Sören wurden die Zellen, wie heute nur noch in zehn Prozent der Fälle üblich, unter Vollnarkose aus dem Beckenkamm entnommen – war Sören dem Beispiel seiner Eltern gefolgt und hatte sich bei der DKMS registriert.
Rund um seine Spende in Dresden habe er sich zu jedem Zeitpunkt wohlgefühlt. „Es wurde mir sehr einfach gemacht“, sagt er. „Ich habe mich bestens betreut gefühlt.“ Zurück blieb nach der Operation nur ein „sehr, sehr starker Muskelkater“. „Ich habe noch nicht einmal Narben zurückbehalten.“
So vergingen die gemeinsamen Stunden nach dem schüchternen Start wie im Fluge. Leonie und ihre Familie möchten auch zukünftig mit dem Spender in Kontakt bleiben. „Sören ist für uns kein wildfremder Mensch. Leonie ist ein großer Teil von ihm“, sagt Constanze Falk. Auch Sören hat die ganz besondere Begegnung sehr gefallen. „Es war genauso, wie ich es mir vorgestellt habe“, sagt er.
Allein 2024 wird die DKMS aus Altersgründen rund 135.000 Personen aus ihrer Datei verlieren. Um diese Lücke zu schließen und die Datei nachhaltig auszubauen, ist die Unterstützung aller gefragt. Stammzellspender:in werden ist ganz leicht: Mund auf, Stäbchen rein, Spender sein. Ganz einfach ein Registrierungsset anfordern unter www.dkms.de.