Julias Weihnachtsglück
2023 allein im Krankenhaus – 2024 vereint mit ihren Lieben
Das Weihnachtsfest 2023 wird für immer in Julia Heyngs Erinnerung bleiben: als besonders einsames Weihnachtsfest. Die damals 25-jährige Bocholterin verbrachte die vermeintlich schönste Zeit des Jahres allein in einem Isolationszimmer in der Uniklinik Münster. Diagnose: Blutkrebs. „Wenn man so ein Weihnachtsmensch ist wie ich, tut das sehr weh“, sagt sie. Ein Jahr später kann die Erzieherin die Aussicht auf das Fest der Feste nun in vollen Zügen genießen. Es geht ihr gut. Dank einer Stammzellspende hat sie eine zweite Lebenschance erhalten. Auch 2024 soll nun ein besonderes Weihnachtsfest werden: ein ganz besonders schönes.
Wenn Julia Heyng (26) an Weihnachten denkt, leuchten ihre Augen. Bereits seit Mitte November erstrahlt ihre Wohnung in üppiger Weihnachtsdeko. Sie, die letztes Jahr gar nichts durfte, nachdem eine Blutkrebserkrankung ihr Leben zum Stillstand gebracht hatte, zelebriert in diesem Jahr die Advents- und Weihnachtszeit umso mehr. „Richtig viele Weihnachtsmärkte“ stehen auf ihrem Programm. Auch ein eigener Baum für sie und ihren Partner Jonas soll es dieses Jahr sein. „Zu Hause machen wir es uns so richtig weihnachtlich gemütlich“, schwärmt sie. Und, besonders wichtig: An Heiligabend will sie all ihre Lieben ganz besonders fest in den Arm nehmen.
Rückblick: Im Oktober 2023 sucht Julia wegen eines entzündeten Auges ihre Hausärztin auf. Sie nimmt Julia Blut ab, weil sie blass und schwach wirkt. Ein paar Tage später erhält die junge Frau, die als Erzieherin in einer Kita in Rhede arbeitet, die erschütternde Diagnose Blutkrebs. Eine Stammzellspende ist ihre einzige Überlebenschance.
Und sie hat Glück: Einige Wochen später steht eine Person bereit. „Kurz vor dem dritten Advent kam ich ins Krankenhaus“, erzählt Julia. Mit Hilfe einer Hochdosis-Chemotherapie und mehreren Bestrahlungen wird ihr altes Immunsystem zerstört, um den Weg frei zu machen für ein neues, gesundes Leben, das mit den Spenderzellen Einzug halten soll. Am 20. Dezember ist es soweit: Julia erhält ihre zweite Lebenschance.
An Heiligabend geht es ihr richtig schlecht. Sie erhält Besuch von ihrer Familie. Es darf jedoch immer nur eine Person einzeln den Vorraum ihres Zimmers betreten. „Die Isolation war für mich das Schlimmste“, erzählt Julia. „Ich durfte meine Eltern und meinen Freund nicht umarmen, dabei hatte ich solches Heimweh. Jeden Tag habe ich dieselbe Wand angeschaut oder das Fenster. Eigentlich habe ich nur gehofft, dass die Tage vorbeigehen. Es war so schlimm – die Geräusche, das Piepen, das Alleinsein.“
Es ist das trostloseste Weihnachtsfest ihres Lebens.
An Silvester geht es Julia ein bisschen besser. Ein Pfleger sagt zu ihr: „Ich kann heute auch nicht feiern. Ich komme um 12 Uhr zu Dir und wir feiern zusammen.“ Gemeinsam beobachten sie zum Jahreswechsel das Feuerwerk über Münster.
Von nun an geht es der jungen Frau besser und besser. „Ich habe alles dafür getan, dass ich die Klinik verlassen kann“, sagt Julia. Nach nur drei Wochen darf sie tatsächlich schon nach Hause. Doch auch die folgende Zeit ist kein Spaziergang: Julia und ihr Partner Jonas müssen viele Regeln beachten, damit Julia, deren Immunsystem durch die Transplantation am Boden ist, sich keinen Infekt einfängt. Besuch erhalten darf sie nur von ihren Eltern – mit Maske. Dreimal pro Woche muss sie die rund 80 Kilometer von Bocholt nach Münster zur Kontrolle fahren.
Nach einem kleinen Rückschlag Mitte Februar geht es weiter spürbar bergauf. Julia darf ihre Freunde wiedertreffen. Beim ersten Mal überrascht sie sie. Auch ihre Oma und ihren Opa sieht sie endlich wieder persönlich. „Das war sehr emotional.“
Seit dem Sommer hat Julia zwei große neue Projekte: Zum einen das Impfen. Weil durch die Stammzelltransplantation alle bisherigen Impfungen unwirksam geworden sind, muss Julia nun komplett neu durchgeimpft werden. Etwa alle zwei Wochen steht ein neuer Termin an. Projekt zwei ist ein sehr quirliges: Julia und ihr Partner haben ein neues Familienmitglied, ihren Hund Milo, einen kleinen Havaneser. „Er gibt uns viel Kraft“, sagt Julia. Und er hält sein Frauchen ordentlich auf Trab – mit Spaziergängen, Besuchen in der Hundeschule, Treffen mit anderen Hundefreunden.
Arbeiten darf Julia leider noch nicht wieder. Als Erzieherin einer Kita wäre das Arbeitsumfeld mit den vielen Infekten der Kinder auf der einen Seite und den noch ausstehenden Impfungen bei Julia auf der anderen Seite zu gefährlich. Doch gelegentlich, wenn das Wetter es zulässt, besucht sie die Kinder und ihre Kolleg:innen im benachbarten Rhede. „Sie alle fehlen mir sehr.“
Mit ihrer Geschichte möchte Weihnachtsmensch Julia nun anderen Betroffenen Mut machen: „Wenn man hört, dass jemand anderes es geschafft hat, dann gibt das Kraft“, sagt sie. „Vielleicht ist dieses Jahr Weihnachten für Euch eine fürchterliche Zeit. Aber ihr könnt es schaffen. Und dann wird das nächste Weihnachten umso schöner!“ Und sie möchte die Menschen zur Registrierung aufrufen. Damit viele weitere Patient:innen wie sie eine zweite Lebenschance erhalten. Eine Registrierung ist jederzeit möglich unter www.dkms.de.