Kennenlernen vor laufender Kamera
Das TV-Format „VOXStimme“ begleitete Lisa und Sandra bei ihrem ersten Treffen
Die erste Begegnung zwischen Stammzellspenderin Lisa Stoffels, 26, und ihrer Empfängerin Sandra Velemirovic, 34, ist nicht nur für die beiden Frauen ein aufregender Moment. Ein Filmteam des Formats „VOXStimme“ begleitet die beiden bei ihrem Kennenlernen. Daher fallen sich Lisa und Sandra nicht zu Hause oder an einem öffentlichen Ort, sondern in einem Fernsehstudio vor laufender Kamera zum ersten Mal in die Arme.
„Ich fand es vorab schwierig, mir vorzustellen, in Anwesenheit eines Fernsehteams auf Sandra zu treffen“, erzählt Lisa Stoffels. „Wäre es merkwürdig, dabei beobachtet zu werden? Würde ich anders reagieren als ohne Kamera?“ – „Ich war so aufgeregt“, ergänzt Sandra. „Und habe dem Moment gleichzeitig so entgegengefiebert.“ Doch alle Sorgen sind umsonst: Herzlich und ohne zu zögern schließen sich die Studentin aus Ulm und die IT-Beraterin aus Mannheim fest in die Arme. Halten sich fest, schauen sich an – und beginnen dann zu erzählen. Weil es aus den beiden nur so heraussprudelt, lässt das VOX-Team die Kamera erst einmal einfach mitlaufen, greift nicht ein. Beobachtet, wie zwei wildfremde Frauen, die sich nie zuvor begegnet sind, eine Vertrautheit zueinander haben, als würden sie sich seit Jahren kennen. Was allen sofort auffällt: Die beiden sehen sich zufälliger Weise sogar ähnlich.
„Es war so emotional, Lisa kennenzulernen“, sagt Sandra Velemirovic. „Kurz war ich sprachlos“, berichtet Lisa. „In dem Moment hat es sich so angefühlt, als sei die Zeit stehen geblieben.“
Lisa, die gerade ihr Masterstudium der Psychologie in Ulm absolviert, und IT-Beraterin Sandra erfahren viel Neues voneinander. Wie intensiv und kräftezehrend vor allem die Zeit nach der Stammzelltransplantation für Empfängerin Sandra war. Wie sehr Lisa wieder und wieder an „ihre“ Patientin gedacht und ihr so sehr gewünscht hat, dass sie es schaffen möge. Dass Sandra seit der Transplantation Lisas Blutgruppe hat. „Du hast jetzt meine Blutgruppe?“, fragt Lisa erstaunt. „Welche haben wir nochmal?“
Rückblick: Im Mai 2021 erfährt die gebürtige Calwerin Lisa von der DKMS, dass sie möglicherweise das Leben einer fremden Person retten kann. Sie zögert nicht, sagt sofort ja. Die Spende selbst sei anstrengend gewesen, erzählt sie. Unter der Gabe des Wachstumsfaktors G-CSF zur Vorbereitung auf die ambulante Spende habe sie Knochenschmerzen gehabt. Doch bis heute sei sie dankbar und stolz, dass sie diese eine Person sein durfte, die helfen konnte. „Die Spende hat einen Perspektivwechsel bei mir hervorgerufen“, sagt die 26-Jährige. „Alles, was mich damals belastete, war nichts dagegen, was meine Patientin durchmachen musste.“
Für Empfängerin Sandra sind die Stammzellen einer fremden Person nach einer Leukämiediagnose an Silvester 2019 und einem Rückfall eineinhalb Jahre später die einzige Überlebenschance. Da sie ursprünglich aus Bosnien stammt, ist ihr bewusst, dass sich die Suche schwierig gestalten kann. Umso größer ist die Erleichterung, als ein Spender – oder, wie sie heute weiß, eine Spenderin – zur Verfügung steht. Im August 2021 erhält Sandra Lisas Stammzellen – und mit ihnen ein neues Leben.
Eines, das sehr knifflig beginnt: „Der Anfang war die Hölle für mich“, erzählt Sandra. Sie hat Schwierigkeiten mit Lunge und Magen-Darm-Trakt. Später geht es ihr glücklicherweise besser und besser. Es gibt einen ersten anonymen Kontakt zwischen Sandra und Lisa. „Das hat mir ein super Gefühl gegeben“, sagt Sandra. „Lisa war so positiv, so optimistisch. Wenn Menschen an einen glauben, fördert das den Heilungsprozess.“ Über die DKMS schickt Sandra Lisa ein selbst genähtes Lavendelsäckchen als kleines Dankeschön.
Weil es Sandra später wieder etwas schlechter geht, erhält sie 2022 noch einmal Lymphozyten von Lisa. Zu dieser zweiten Entnahme nimmt Lisa Sandras Lavendelsäckchen mit. „So habe ich mich meiner Empfängerin ganz nah gefühlt“, sagt sie.
Heute geht es Sandra gut. Sie geht wieder arbeiten, kann die Dinge tun, die sie liebt, und blickt optimistisch in die Zukunft. Nach den Dreharbeiten für VOXStimme in Köln verbringen Sandra und Lisa noch einen schönen Abend zusammen. Nur sie beide, endlich ohne Zuschauer. In den Kölner Rheinterrassen tauschen sie sich aus und beobachten gemeinsam den Sonnenuntergang über Köln. „Es hat sich unglaublich vertraut angefühlt“, erzählt Lisa. Auch am nächsten Tag treffen sich die beiden noch einmal.
Seitdem stehen die genetischen Zwillinge regelmäßig in Kontakt, schicken sich Nachrichten oder Urlaubsgrüße. Wiedersehen möchten sie sich auch auf jeden Fall – irgendwann. „Dank Lisas Spende darf ich weiterleben“, sagt Sandra. „Dafür werde ich ihr ewig dankbar sein.“ Und Lisa rät allen Menschen zwischen 17 und 55, die noch nicht registriert sind: „Lasst auch Ihr Euch registrieren. Es ist so einfach, ein Leben zu retten.“
Dies geht ganz einfach unter www.dkms.de