Neue Studiendaten zur Spenderauswahl vorgestellt
Was das Spenderalter mit dem Transplantationserfolg zu tun hat
Die Übereinstimmung relevanter Merkmale der Humanen Leukozyten-Antigene (HLA) gilt als wichtigstes Kriterium zur Auswahl von Spender:innen für eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation. Aktuelle Studiendaten, welche die DKMS auf der DGHO-Jahrestagung 2025 in Köln präsentierte, weisen darauf hin, dass das biologische Alter der Spender:innen den Transplantationserfolg stärker beeinflusst als bisher angenommen.
Die Auswahl geeigneter Spender:innen ist entscheidend für die langfristige Heilung von Patient:innen nach einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation. Primär gilt die Transplantation einer HLA-identischen Geschwister-Stammzellspende (Matched Sibling Donor, MSD) als „erste Wahl“. Sie ist mit einem geringen Risiko für das Versterben ohne Krankheitsrückfall sowie für Abstoßungsreaktionen wie die akute Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) verbunden. Dank verbesserter Matching-Strategien, optimierter Vorbehandlungen und neuer Optionen zur GvHD-Prophylaxe kommen auch nicht verwandte Spender:innen in Frage, die HLA-kompatibel sind (Matched Unrelated Donors, MUDs), oder geringfügige HLA-Unterschiede (Mismatched Unrelated Donors, MMUDs) aufweisen.
Auch Stammzelltransplantationen mit haploidenten Familienspender:innen, deren HLA-Merkmale nur teilweise übereinstimmen, sind möglich. Neben den HLA-Merkmalen rücken zunehmend auch andere Charakteristika zur Auswahl von Spender:innen in den Fokus. Vor über fünf Jahren wurde auf Grundlage von mehr als 10.000 Patient:innen und ihren HLA-kompatiblen, nicht verwandten Stammzellspender:innen untersucht, welchen Einfluss biologisches Geschlecht, Alter und Blutgruppe haben könnten. Dabei zeigte sich, dass lediglich das Spenderalter in signifikanter Verbindung mit dem Überleben steht. Die Studie stellte fest, dass sich das 2-Jahres-Überleben pro zehn Jahre höherem Spenderalter um rund drei Prozent verringerte. Es folgten weitere Studien mit dem Ziel, eine belastbare, datenbasierte Entscheidungsgrundlage für die Auswahl optimaler Stammzellspender:innen zu schaffen.
Geringes Lebensalter neben HLA-Matching entscheidender Erfolgsfaktor
Die aktuelle, von Prof. Schetelig et al. im Oktober 2025 im Fachmagazin Leukemia veröffentlichte retrospektive Registerstudie bestätigt nun, dass das Alter der Spender:innen für den Erfolg eine große Rolle spielt, und dies noch stärker als bisher angenommen. Die Ergebnisse zeigten, dass Patient:innen im Alter über 50 Jahren mit myeloiden Krebserkrankungen bei einer allogenen Stammzelltransplantation bessere Überlebenschancen haben, wenn die Stammzellen von jungen, HLA-kompatiblen, nicht verwandten Spender:innen stammen als von älteren, HLA-identischen Geschwistern. „Weitere Studien müssen durchgeführt werden, um die dahinterliegende Biologie und die Unterschiede in der Immunrekonstitution zu verstehen“, so Schetelig. Die Ergebnisse könnten die klinische Praxis beeinflussen, in der aktuell häufig MSD ungeachtet des Alters vor MUD bevorzugt werden.
Die Studie untersuchte 3.460 Patient:innen mit akuter myeloischer Leukämie (AML), myelodysplastischem Syndrom (MDS), myeloproliferativer Neoplasie (MPN) und MDS/MPN ab 50 Jahren, die eine erste allo-HSZT erhalten haben. Die Patient:innen erhielten entweder eine Spende von einem MSD mit einem Alter von mindestens 50 Jahren oder einem MUD im Alter zwischen 18 und 35 Jahren. Nach multivariabler Anpassung zeigte die MUD-Gruppe im Vergleich zur MSD-Gruppe eine signifikante Risikoreduktion. Der Einfluss auf das Überleben war dabei umso größer, je größer der Altersunterschied zwischen zwei Spender:innen war.
Auch Geschlecht und CMV-Status spielen eine Rolle
Neben dem Alter wurden in der Studie von Schetelig et al. auch das Geschlecht und der Cytomegalievirus (CMV)-Status untersucht. Dabei wurde eine vorteilhafte Konstellation definiert, wenn der CMV-Serostatus von Spender:in und Patient:in übereinstimmt und keine weibliche Spenderin für einen männlichen Patienten spendete. Die Ergebnisse zeigten, dass bei vorteilhafter Konstellation das EFS und OS der Patient:innen bei HLA-kompatiblen jungen nicht verwandten Spender:innen signifikant besser war als bei älteren Geschwisterspender:innen. Wenn die jungen Fremdspender:innen eine ungünstige Konstellation aufwiesen, waren die Überlebenschancen für die Patient:innen so gut wie bei älteren Geschwister:spenderinnen. „Man kann also Fremdspender:innen wählen, ohne dass es Nachteile gibt“, so das Fazit von Schetelig.
Neue Erkenntnisse aus der HAMLET-Studie: haploidentisch versus mismatched
Auch die noch nicht publizierte HAMLET-Studie (HAploidentical versus Mismatched UnreLatEd donor Transplantation) der DKMS, deren Ergebnisse Prof. Schetelig erneut bei der Poster-Session der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) vorstellte, widmete sich der Fragestellung, welche Faktoren für die Auswahl der Spender:innen entscheidend sind. In der Studie konnte kein relevanter Unterschied zwischen haploidentischen Familienspender:innen und nicht verwandten Spender:innen mit einem Mismatch (MMUD, 9/10 mismatch) festgestellt werden. Die prospektive Studie konzentrierte sich auf Patient:innen mit AML/MDS und akuter lymphatischer Leukämie (ALL), die weder HLA-identische Geschwisterspender:innen noch HLA-kompatible Fremdspender:innen hatten. Die Studiendaten zeigten auch für nicht vollständig kompatible Spender:innen einen Alterseffekt: Patient:innen mit jüngeren Spender:innen wiesen eine bessere 2-Jahres-Überlebensrate auf. „Der Einfluss anderer HLA- und Nicht-HLA-Faktoren muss weiter untersucht werden, um die Auswahl des besten Spenders für einen Transplantatempfänger zu ermöglichen“, betont Schetelig.
Trotz zahlreicher Studien zum Thema sind diese laut Schetelig nicht ausreichend, um die Auswahlentscheidung in der Praxis hinreichend abzubilden. „Im Klinikalltag geht es vor allem um die Dringlichkeit der Transplantation und die Verfügbarkeit der Spender:innen. Vor diesem Hintergrund kann der Verwandtschaftsgrad trotzdem stark im Fokus stehen.“
Ziel aktueller Forschung sei außerdem besser zu verstehen, warum Stammzellen von jungen Spender:innen von Vorteil sind. Ist es die Stammzell-Fitness oder die Übertragung des jungen Immunsystems?
Fakt ist: „Bei der Stammzellspende kann ein junges Spenderalter entscheidend sein“, betont Schetelig. „Junge Menschen können Leben retten, wenn sie sich als Stammzellspender:innen registrieren.“
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Weitere Informationen über das Engagement der DKMS im Bereich Medizin und Forschung finden Sie unter professional.dkms.org.
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