DKMS gründet Stammzellbank für Blutkrebspatienten
Weltweit größte Stammzellspenderdatei bereitet sich auf künftige Krisen vor
Dresden, 21. April 2020 – Wie kann Blutkrebspatienten in Zukunft noch schneller geholfen werden – besonders in Zeiten der weltweiten Gesundheitskrise infolge des Coronavirus und anderer Krisen in der Zukunft? Die DKMS beschleunigt ihren Prozess, überschüssige Blutstammzellen von unverwandten Spendern einzufrieren, durch den Aufbau einer Stammzellbank. Die Neuerung: Ein Stammzellspender kann mit einer Spende zwei Leben retten. Damit stellt sich die DKMS als weltweit größte Stammzellspenderdatei neuen und zukünftigen Herausforderungen. Bereits in diesem Jahr soll der Betrieb in Dresden aufgenommen werden. Der Vorteil: In naher Zukunft können sich Koordinatoren und Transplantationszentren auch in schwierigen Zeiten auf Blutstammzellspenden mit den gängigsten Genotypen verlassen.
Weltweit erhält alle 35 Sekunden ein Mensch die schockierende Diagnose Blutkrebs. Viele dieser Patienten können ohne eine lebensrettende Stammzellspende nicht überleben. Nur ein Drittel von ihnen findet einen passenden Spender in der eigenen Familie, während die Mehrheit auf einen nicht verwandten Spender angewiesen ist, dessen HLA-Merkmale mit denen des Patienten übereinstimmen. Für viele Patienten ist die Suche nach einem Spender der Beginn eines Wettlaufs gegen die Zeit. Je schneller ein passender Spender gefunden wird, desto besser sind die Überlebenschancen für den Patienten. Das „Einfrieren“, die „Kryokonservierung“, von überschüssigen Blutstammzellen ist ein weiterer wichtiger Schritt, wenn es um die schnelle Verfügbarkeit geht.
„Mit der DKMS-Stammzellbank investieren wir, um auf eine mögliche zweite Welle des Coronavirus und die Herausforderungen im Zusammenhang mit Blutstammzellentnahmen während einer globalen Epidemie oder Krise vorbereitet zu sein. Wir tun alles, um solche Hindernisse jetzt und in Zukunft zu überwinden. Ein Team international anerkannter Experten arbeitet fast rund um die Uhr daran, den Aufbau zu beschleunigen“, sagt Dr. Elke Neujahr, Global CEO DKMS. In Zeiten, in denen die Coronakrise Spenderzentren und Register wie die Non-Profit-Organisation DKMS vor enorme Herausforderungen stellt, gewinnen die einzigartigen Vorteile kryokonservierter Blutstammzellen zunehmend an Bedeutung. „Gegenwärtig ist es einigen Spendern nicht erlaubt oder sie scheuen sich, zu den Entnahmezentren zu reisen, um ihre lebensrettende Blutstammzellspende durchzuführen. Daher planen wir die Aufnahme des Betriebs unserer Stammzellbank, die kryokonservierte periphere Blutstammzellprodukte von nicht verwandten Spendern voraussichtlich bis Ende dieses Jahres herstellen, lagern und auf Anfrage zur Verfügung stellen wird. Auf diese Weise können wir auch in Krisenzeiten wie diesen Blutstammzellen für bedürftige Patienten zur Verfügung stellen“, sagt Dr. Alexander Schmidt, Chief Medical Officer der DKMS.
Dr. Alexander Platz, Medizinischer Direktor der DKMS-Nabelschnurblutbank und künftigen DKMS-Stammzellbank, verfolgt das Projekt gemeinsam mit seinem Team mit großer Überzeugung und großem Engagement: „Unsere Stammzellbank ist sehr innovativ und zukunftsweisend. Für viele Patienten zählt jeder Tag, und die Suche nach einem Spender ist der Beginn eines Wettlaufs gegen die Zeit. Mit unserer Stammzellbank werden wir Patienten auf der ganzen Welt noch schneller und effektiver helfen können.“ Ist ein Match für einen Patienten gefunden, dauert es in der Regel mehrere Wochen, bis die Stammzellen dem Spender entnommen und auf den Patienten transplantiert werden können. Dafür gibt es mehrere Gründe: Der Spender muss verfügbar und reisefähig sein, die Gewebemerkmale werden nochmals überprüft und der Spender wird einer gründlichen medizinischen Untersuchung unterzogen. Erst wenn sicher ist, dass seine Gewebemerkmale mit denen des Patienten übereinstimmen und dass der Spender aus gesundheitlicher Sicht geeignet ist, kann die Blutstammzellentnahme durchgeführt werden.
Schneller helfen und den Wettlauf gegen die Zeit gewinnen
Im Gegensatz dazu sind kryokonservierte Blutstammzellen viel schneller und mit einer Wahrscheinlichkeit von 100% verfügbar. Und die Zeit drängt: Während der Patient normalerweise auf die Transplantation wartet, könnte die Krankheit weiter fortschreiten und eine Transplantation nicht mehr möglich sein. Bei einigen Erkrankungen ist der Behandlungserfolg umso größer, je schneller transplantiert wird. „Die Kryokonservierung hat den Vorteil, dass sie Transplantationen ohne lange Wartezeiten und ohne das Risiko, dass etwas ‚im Weg steht‘, ermöglicht. Dies war die anfängliche Motivation, als wir mit der Planung der DKMS-Stammzellbank begannen. Jetzt, angesichts der Coronakrise, erkennen wir umso mehr die große Relevanz dieses Projekts, zumal eine zweite Pandemie-Welle die Welt treffen könnte“, sagt Dr. Elke Neujahr. Auch für den Fall, dass ein Patient eine zweite Stammzellspende benötigt, stehen Stammzellen schnell zur Verfügung, wenn sie kryokonserviert wurden – ohne dass der Spender ein zweites Mal spenden muss.
Kryokonservierte Blutstammzellen für Patienten weltweit verfügbar
„Mit dieser Methode können wir die kryokonservierten peripheren Blutstammzellen von unseren Spendern zeitlich unabhängig Patienten auf der ganzen Welt für unverwandte Stammzelltransplantationen zur Verfügung stellen. Unser Ansatz ist sehr besonders, unkompliziert und für unsere Spender 100% ethisch vertretbar. Es ist kein zusätzlicher Aufwand damit verbunden, da wir nur Spender fragen werden, die ohnehin für einen bestimmten Patienten spenden. Auf diese Weise könnten unsere Spender mit einer Spende zwei Leben retten“, sagt Dr. Alexander Platz. „Nach unserer Erfahrung mobilisieren viele Spender wesentlich mehr Stammzellen, als ein einzelner Patient tatsächlich benötigt“, fügt er hinzu. Die Entnahme der zusätzlichen Stammzellen erfolgt daher immer nur im Rahmen einer Stammzellentnahme, die ohnehin stattfinden würde, und immer über das Blut. Im Gegensatz zu einer Knochenmarkspende ist bei einer peripheren Stammzellenentnahme eine Operation oder Anästhesie nicht notwendig.
Für den Spender bedeutet die Entnahme von zusätzlichen Zellen, abgesehen von einer etwas längeren Apheresezeit, keinen zusätzlichen Aufwand. Es wird eine „Standard“-Stammzellspende durchgeführt, bei der das zulässige Blutvolumen verarbeitet wird. Sobald die Spende abgeschlossen ist, wird entschieden, ob zwei Produkte gewonnen werden können: eines für den Patienten, der auf das Transplantat wartet, das andere zur Einlagerung in der Stammzellbank. Diese Entscheidung hängt von der Zahl der gewonnenen Stammzellen ab. Reicht sie aus, wird ein Teil aufbereitet und für die Abholung durch einen Kurier aus dem Transplantationszentrum freigegeben, während der andere Teil des Aphereseprodukts in die Labore der DKMS-Stammzellbank transportiert wird, wo es aufbereitet und kryokonserviert und über Stammzellregister Patienten weltweit zur Verfügung gestellt wird. Die DKMS wird die Spender, die für eine eingelagerte Spende in der DKMS-Stammzellbank infrage kommen, im Voraus umfassend informieren und um eine zusätzliche Einverständniserklärung bitten.
Ein Raum im Raum: das geplante Reinraumlabor
Bevor die Stammzellbank in Betrieb genommen werden kann, muss auf dem Gelände der heutigen DKMS-Nabelschnurblutbank ein Reinraumlabor eingerichtet werden. Dabei handelt es sich um einen „Raum im Raum“, der nahezu frei von luftgetragenen Partikeln ist. Eine komplexe Technik mit einem Schleusensystem hält dort die Partikelkonzentration sehr niedrig, und ein Überdruck im Labor verhindert das Eindringen von Partikeln von außen. Das Reinraumlabor wird in den leeren Flügel eines Industriegebäudes eingebaut, das bisher für die Herstellung von optischen und feinmechanischen Produkten genutzt wurde. „Die Bauarbeiten sind im Gange, und wir sind zuversichtlich, dass wir bis Ende 2020 unsere ersten 100 kryokonservierten Stammzellprodukte einlagern können“, sagt Platz. In einem ersten Schritt wird die DKMS vor allem Spender mit besonders häufigen HLA-Merkmalkombinationen und einer infolgedessen höheren Spendewahrscheinlichkeit berücksichtigen. Auch darüber hinaus gibt es für das Team um Dr. Alexander Platz und die Projektleiterin Dr. Karin Büttner viel zu tun. Genehmigungen von verschiedenen Behörden sind erforderlich. „Wie jedes Pharmaunternehmen muss auch die Stammzellbank viele Anforderungen erfüllen“, erklärt Büttner. „Das ist extrem wichtig, denn wir alle wollen, dass unsere Arzneimittel den höchsten Standards an Sicherheit und Wirksamkeit entsprechen.“
Das Universitätsklinikum Dresden als wichtiger Partner
Ein wichtiger Kooperationspartner wird das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden sein: Dort befindet sich das Apheresezentrum, das die Stammzellspenden für die Stammzellbank sammeln wird. Die Verträge für das neue Entnahmezentrum sind unterzeichnet, und die DKMS wird in Kürze mit der Planung der „Standard“-Sammlungen am Universitätsklinikum Dresden beginnen. Darüber hinaus plant die DKMS, im Laufe des Jahres 2020 mindestens ein weiteres Apheresezentrum als Kooperationspartner zu gewinnen.
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