Background-Talk: Kriterien der Registrierung bei der DKMS
Konstanze Burkard, Direktorin Spenderneugewinnung und Kommunikation über Voraussetzungen und Ablauf der Registrierung in die DKMS
Erklärtes Ziel der DKMS ist es, möglichst vielen Patient:innen, die an Blutkrebs oder einer anderen Erkrankung des blutbildenden Systems erkrankt sind, zu helfen. Etwa, durch eine Stammzelltransplantation, die für viele Betroffene die einzige Chance auf Überleben ist. Um noch schneller den „genetischen Zwilling“ zu finden, ist die Neuregistrierung potenzieller Stammzellspender:innen essentiell. Das DKMS Redaktionsteam hat mit Konstanze Burkard, Direktorin Spenderneugewinnung und Kommunikation darüber gesprochen, welche Voraussetzungen dafür erfüllt werden müssen.
Liebe Konstanze, warum ist es so wichtig, dass sich noch mehr Menschen bei der DKMS registrieren lassen?
Der Grund ist einfach: Weil wir nach wie vor nicht für alle suchenden Patient:innen ein geeignetes Match finden. Alle 27 Sekunden erhält irgendwo auf der Welt ein Mensch die Diagnose Blutkrebs – viele von ihnen sind auf eine lebensrettende Stammzelltransplantation angewiesen. Mehr als elf Millionen potenzielle Spender:innen sind aktuell bereits in unserer Datei gelistet und stehen somit als mögliche Lebensretter:innen zur Verfügung. Eine beeindruckende Zahl, doch es reicht leider noch immer nicht aus, um allen Betroffenen zu helfen. Das wollen wir ändern – gemeinsam mit unseren Unterstützer:innen. Wir freuen uns über alle hilfsbereiten Menschen, die mitmachen und Teil unserer großen Gemeinschaft im Kampf gegen Blutkrebs sind.
Welche Vorrausetzungen gibt es für eine Registrierung?
Ja, die gibt es und zur Erklärung möchte ich gerne ein wenig ins Detail gehen. Es beginnt zunächst mit dem Interesse daran, unser Anliegen zu unterstützen und der Bereitschaft, für einen unbekannten Menschen Stammzellen zu spenden. Grundsätzlich kann jeder gesunde Mensch, der zwischen 17 und 55 Jahren alt ist und einen festen Wohnsitz in Deutschland hat, Stammzellspender:in werden.
Doch darüber hinaus gibt es natürlich einige weitere Kriterien, die erfüllt werden müssen und einen medizinischen Hintergrund haben – denn neben dem Wohl des Patienten geht es für uns immer auch um den bestmöglichen Schutz unserer Spender:innen.
So genannte Ausschlusskriterien, bei denen eine Stammzellspende nicht in Frage kommt, sind beispielsweise eine vorangegangene Krebserkrankung, systemische Autoimmunerkrankungen oder andere schwere chronische Erkrankungen wie etwa Diabetes oder Rheuma. Ebenfalls ist eine Registrierung nicht möglich bei starkem Übergewicht, schweren Tropeninfektionen wie Malaria oder Krankheiten des Blutes oder des Immunsystems, schweren neurologischen oder psychischen Erkrankungen sowie schweren Lungen-, Nieren- und Herz-Kreislauferkrankungen. Eine komplette Übersicht finden Sie hier: https://www.dkms.de/faq
Dann liegt uns auch sehr am Herzen, unsere potenziellen Stammzellspender:innen ausführlich über die beiden Entnahmearten zu informieren – die periphere Stammzellentnahme sowie die Knochenmarkentnahme aus dem Beckenkamm. Denn wir möchten sicherstellen, dass die Menschen wissen, was auf sie zukommen könnte, sollten sie tatsächlich zur Spende angefragt werden.
Bei Fragen und Unsicherheiten zu den Voraussetzungen für eine Stammzellspende oder ihren Ablauf kann man sich jederzeit gerne an uns wenden. Auch auf unserer Internetseite findet man ausführliche Informationen.
Stichwort Vielfalt in unserer Gesellschaft: Welche Rolle spielen Herkunft, Alter und sexuelle Orientierung bei der Spenderneuaufnahme? Und wie ist dazu insgesamt die Haltung der DKMS?
Wir ermöglichen lebensbedrohlich erkrankten Menschen eine neue Chance auf Leben – und diese Chance verdient jede und jeder Betroffene. Blutkrebs kennt für uns keine Grenzen – dieser Satz beschreibt aus meiner Sicht am besten unsere Haltung. Wir sind eine internationale Organisation mit Standorten in sieben Ländern auf fünf Kontinenten und mit mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen aus über 20 Nationen. Und überall gilt: Jede einzelne Spenderin, jeder einzelne Spender ist wertvoll und willkommen. Je bunter und vielfältiger unsere Datei ist, umso besser können wir helfen und umso mehr Leben können wir retten.
So ist es beispielsweise enorm wichtig, dass sich Menschen jeglicher Herkunft bei uns registrieren. Denn für eine Stammzelltransplantation ist die Übereinstimmung der Gewebemerkmale von Patient:in und Spender:in entscheidend. Gewebemerkmale werden vererbt und sind teilweise von der ethnischen Herkunft abhängig. Es ist also viel wahrscheinlicher, dass Patient:innen eine passende Spenderin oder einen passenden Spender innerhalb der eigenen Ethnie finden. Und damit kommen Menschen aus aller Welt infrage. Wir brauchen also möglichst viele potenzielle Lebensretter:innen mit ganz unterschiedlichen Wurzeln in unserer Datei.
Auch das Engagement junger Menschen ist von immenser Bedeutung. Sie sind in der Regel gesund und kommen aus medizinischen Gründen besonders häufig für eine Stammzellspende in Betracht. Eine so genannte Fremdspende ist bis zum Erreichen des 61. Geburtstags möglich, was natürlich bedeutet, dass sie grundsätzlich lange in der Datei verbleiben können.
Wir brauchen und leben Diversity! Und selbstverständlich gehört dazu auch, dass die sexuelle Orientierung für die DKMS beim Thema Registrierung keine Rolle spielt und sich zum Beispiel auch homosexuelle Menschen als potentielle Stammzellspender:innen registrieren dürfen und sollten.
Wie funktioniert die Registrierung?
Aktuell ist eine Neuaufnahme in die DKMS am einfachsten online unter www.dkms.de möglich. Kurz zur Erklärung: Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie haben wir unsere öffentlichen Registrierungsaktionen vorübergehend ausgesetzt, beziehungsweise in den digitalen Raum verlegt.
Die Registrierung selbst geht einfach und schnell: Mithilfe von drei medizinischen Wattestäbchen und einer genauen Anleitung, sowie einer Einverständniserklärung kann jeder nach Erhalt des Sets selbst einen Wangenschleimhautabstrich vornehmen und anschließend per Post zurücksenden. Die Gewebemerkmale werden anschließend im Labor bestimmt. Spender:innen, die sich bereits registriert haben, müssen nicht erneut ein Set anfordern. Einmal aufgenommene Daten stehen weltweit für Patient:innen zur Verfügung. Besonders wichtig ist es, dass die Wattestäbchen nach dem erfolgten Wangenschleimhautabstrich zeitnah zurückgesendet werden. Erst wenn die Gewebemerkmale im Labor bestimmt wurden, stehen Spender:innen dem weltweiten Suchlauf zur Verfügung.
Kann ich auch helfen, wenn ich mich nicht registrieren lassen kann oder aus der Datei – z. B. aus Alters- oder Krankheitsgründen – ausscheiden muss?
Auf jeden Fall! Es gibt viele Wege zu helfen und wir freuen uns über alle, die mitmachen. So unterstützen uns beispielsweise Patient:innen und ihre Angehörige dabei, Registrierungsaufrufe zu starten und diese zu verbreiten. Sollte Hilfsbereite also einer dieser Aufrufe erreichen: Bitte in den Sozialen Netzwerken teilen und im Freundes- und Bekanntenkreis davon erzählen. So wird Aufmerksamkeit auf unser Thema gelenkt und dafür gesorgt, dass sich mehr Menschen registrieren lassen. Auch Geldspenden retten Leben. Denn für die Neuaufnahme eines jeden Spenders oder einer jeder Spenderin entstehen uns Kosten in Höhe von 35 Euro. Jeder Euro hilft uns, Leben zu retten.
Liebe Konstanze, herzlichen Dank für das Gespräch!