Justine hilft Justin – Über zwei Kontinente verbunden
Stammzellspenderin (26) aus Bassum rettet ihren Namensvetter (23)
Justine Platter (26) aus Bassum spendete 2017 Stammzellen und wurde für Justin Jewell (23), einen jungen Mann aus Kanada, zur Lebensretterin. Justine ließ sich bereits 2014 in die DKMS aufnehmen, nicht ahnend, dass drei Jahre später auf der anderen Seite der Welt ein Teenager, der auch noch den gleichen Vornamen wie sie trägt, ihre Hilfe benötigen würde. Kürzlich reiste die Communications Managerin nach Toronto und traf dort zum ersten Mal auf ihren Stammzellempfänger Justin.
„Vor der ersten Begegnung war ich schon aufgeregt, auch wenn ich generell ein Mensch bin, der nicht so leicht aus der Fassung zu bringen ist. Mein Freund Christian war mit dabei – das hat geholfen“. Schon mit 17 lässt sich die junge Hobby-Reiterin an ihrer Schule registrieren. Justine weiß aus ihrer eigenen Familie, wie schnell Krebs das Leben umkrempeln kann. Soziale Verantwortung zu übernehmen liegt ihrer Familie im Blut und so ist es für sie „kein großer Akt“, schon fast obligatorisch, sich als Stammzellspenderin zu registrieren.
2017, drei Jahre später, meldet sich die DKMS bei Justine und teilt ihr mit, dass sie für eine:n Patient:in als Spenderin infrage kommt. Als nach weiteren Untersuchung feststeht, dass Justine wirklich spenden darf, wird ihr erst richtig bewusst, dass da eine Person ist, die auf ihre Hilfe angewiesen ist: „Es ist bewundernswert und surreal, dass so ein kleiner Beutel mit meinen Stammzellen so etwas Großes für jemand anderen bewirken kann – dass genau dieser Beutel in nur ein paar Stunden jemandem gegeben wird, der damit gerettet werden kann“, sagt Justine. Die Spende hat sie gut gemeistert und sie ist nach dreieinhalb Stunden bereits fertig. Danach heißt es für Justine Daumen drücken für ihren Patienten und hoffen, dass er durch die Spende gesund wird.
Nach der zweijährigen Anonymitätsfrist erkundigt sich Justine bei der DKMS über ihren Patienten und stimmt einem Adressaustausch zu. Offenbar war auch Justin neugierig darauf, Kontakt zu seiner Lebensretterin aufzunehmen und gab seine Adressdaten frei. Bei einer ersten kurzen Suche im Internet entdeckt Justine Justins Profil auf Facebook. Auf dem ersten Bild seines Profils erkennt sie direkt etwas Bekanntes – ihren Stammzellbeutel. Justin und Justine schreiben sich ab da regelmäßig E-Mails und während der Pandemie telefonieren die beiden ab und an. Bald wird klar, dass sie sich persönlich treffen wollen.
Im Juni 2023 ist es dann endlich soweit: Justine macht sich gemeinsam mit ihrem Freund Christian auf in die kanadische Provinz Ontario und wird von ihrem ‚genetischen Zwilling‘ und seiner Familie am Flughafen Toronto erwartet. Zunächst laufen sie vor Nervosität am Terminal aneinander vorbei. Nach einem kurzen Anruf stehen sie sich dann endlich gegenüber. Die Familie nimmt sie und Christian direkt herzlich bei sich auf. „Justins Vater Jim hat sogar von Schicksal gesprochen, weil unsere Namen sich so ähneln. Das entwickelte sich dann auch so zu einem ‚Running Gag‘, wenn die Familie mich bei ihren Bekannten vorgestellt hat“, erzählt Justine mit einem Lachen. Justins Krankheit hat nicht nur den damaligen familiären Alltag maßgeblich beeinflusst: Justins Mutter Lorraine legte sogar nach der Diagnose ihres Sohnes ihren Beruf daraufhin aus, Blutkrebspatient:innen und ihren Familien zu helfen. Heute betreut und berät sie Familien mit einem ähnlichen Schicksal und setzt sich für mehr Aufmerksamkeit rund um das Thema Blutkrebs ein.
Während der gemeinsamen Zeit in Ontario erlebten Spenderin Justine und Justins Familie zusammen ein „absolutes Highlight“, wie Justine sagt. In einem gemeinsamen Fernsehinterview kam es zu einem sehr emotionalen Moment: „Als Jim sagte, dass er nicht weiß, wie er jemandem danken soll, der sein Kind gerettet hat, war das für mich schon besonders emotional. Da flossen überall ein paar Tränen.“ Bei einem letzten Ausflug an einen See, ohne Familie, ließen Justine und Justin die gemeinsame Zeit noch einmal Revue passieren. „Ich war von der Dankbarkeit der ganzen Menschen, die ich kennengelernt habe, echt überwältigt. Da sieht man erstmal, wie viele Personen, es betrifft, wenn jemand lebensbedrohlich erkrankt“, sagt Justine.
Viel zu schnell geht die gemeinsame Zeit vorbei. Deshalb steht für beide fest: Sie wollen sich schon bald wiedersehen. Justins Familie plant, Justine in Deutschland zu besuchen. Anderen Menschen möchte Justine vor allem eines mitgeben:
„Helfen kann so einfach sein und die Registrierung lohnt sich auf jeden Fall. Stammzellspender:innen werden dringend gebraucht und am Ende des Tages steht dem ein Mensch gegenüber, der ansonsten stirbt. Justin und viele andere Blutkrebspatient:innen wünschen sich eine Zukunft. Als gesunde Menschen können wir eine Lebenschance schenken. Also registriert euch unter dkms.de!“