„Das Schicksal gab mir eine neue Freundin und Schwester“
Polizistin Tina rettete mit ihrer Stammzellspende Joshua aus den USA das Leben. Nun trafen sie sich endlich persönlich.
Flug LH 1980 aus München: Aufgeregt wartet Tina Ewens (42) aus Rückeroth im Westerwald am Flughafen Köln-Bonn. Joshua Trunnel (49) aus Olympia, Washington State USA, ihr Stammzell-Zwilling, ist gerade gelandet und besucht sie für eine Woche. Joshua litt unter einer seltenen Form der akuten Leukämie und war auf die Stammzellspende einer fremden Person angewiesen. Über 8.100 Kilometer entfernt fand er sein „perfect Match“ in Tina, die ihm Anfang 2022 das Leben rettete. Drei Jahre später lernen sich die beiden erstmals persönlich kennen.
Schließlich ist er da, der Moment, auf den Tina sich schon so lange freut. Am Ankunftsterminal ist viel los. Endlich, da kommt er. Tina erkennt Joshua auf Anhieb. Zielstrebig laufen die beiden aufeinander zu und schließen sich fest und lange in die Arme. „Schön dich endlich zu treffen“, sagt Tina. „Schön dich zu treffen“, erwidert Joshua. Lange halten sie sich ganz fest und ein paar Freudentränen kullern.
Ein „Treffer“ nach 16 Jahren
Die Polizeibeamtin Tina Ewens ließ sich 2005 während ihrer Ausbildung als potenzielle Spenderin in die DKMS aufnehmen. Damals registrierte sich der gesamte Jahrgang der Landespolizeischule Rheinland-Pfalz, da ein Kollege erkrankt war. Als Tina nach über 16 Jahren um eine weiterführende Blutuntersuchung gebeten wird, da sie in der engeren Auswahl für eine Stammzellspende ist, freut sie sich sehr. „Ich hatte überhaupt nicht mehr damit gerechnet, dass meine Hilfe gebraucht wird“, sagt sie.
Bald steht allerdings fest, dass es jemanden gibt, der noch besser als „Match“ passt als sie. Einerseits fühlt sich Tina erleichtert, anderseits findet sie es schade, dass sie nun doch nicht spenden kann.
Und dann wird sie auf einmal doch gebraucht: Im Januar 2022, mitten in der Hochphase der zweiten Coronawelle, muss es auf einmal schnell gehen. Leider steht der andere Spender nicht mehr zur Verfügung. Für Tina beginnt eine emotionale Achterbahnfahrt. Sie freut sich sehr, dass sie nun doch helfen kann. „Ich habe mich irgendwie direkt verantwortlich für diese mir unbekannte Person gefühlt. Deshalb habe ich in Vorbereitung auf die Spende Kontakte vermieden, um mich nicht anzustecken“, erinnert sie sich. Die grippalen Nebenwirkungen durch das Medikament, das sie zu Vorbereitung auf die Spende spritzen muss, um ihre Stammzellen anzuregen, nimmt sie gerne in Kauf. Ihr Mann Matthias begleitet sie im Februar 2022 nach Tübingen zur Spende. Die ambulante Spende, die in rund 90% der Fälle durchgeführt wird, ist für Tina zunächst eine kleine Zitterpartie. Wird ihr Körper es schaffen, die für den Patienten angeforderte Menge an Stammzellen zu produzieren? Und ob er es schafft! Erschöpft aber glücklich bleibt sie nach der Spende noch eine Nacht in Tübingen, um sich auszuruhen.
Schon bald erfährt sie, dass ihre Zellen zu einem erkrankten Mann in die USA gebracht wurden. Sie schreibt ihrem Empfänger daraufhin anonym über die DKMS eine Karte mit den besten Wünschen und es beginnt ein reger Briefwechsel. Als nach einem Jahr der Kontakt abbricht wundert sich Tina und hofft, dass ihr Empfänger keinen Rückfall erlitten hat. Ihre Sorge ist zum Glück unbegründet. Nach der zweijährigen Anonymitätsfrist regt er den Adressaustausch an und Tina willigt ein. Noch am gleichen Tag erhält sie eine persönliche Nachricht ihres „genetischen Zwillings“ – Joshua Trunnell aus Olympia, Washington State.
„Wir kommunizieren seit nunmehr fast einem Jahr täglich und es fühlt sich in keiner Weise fremd an. Es ist sehr bemerkenswert, wie identisch unsere Interessen und Ansichten sind. Joshua und unsere starke Verbindung sind für mich ein Geschenk“, sagt Tina.
Die Welt kann ein wunderbarer Ort sein
Joshua ist froh und dankbar, die Leukämie überwunden zu haben und fühlt sich Tina sehr verbunden. Die beiden haben sich in dem ersten Telefonat bereits gut verstanden und es fühlte sich vertraut an. Das veranlasste Joshua dazu Deutsch zu lernen. „Zwischen uns gibt es eine bedingungslose Akzeptanz und einen gemeinsamen Wunsch nach Verständnis. Im Englischen gibt es ein Sprichwort – Marrow deep. Es bedeutet: durch und durch, bis ins Mark. Unsere Verbindung geht buchstäblich bis ins Knochenmark. Tina und ich sind uns in vielerlei Hinsicht ähnlich und in anderen verschieden, aber ich bin mir sicher, dass es niemanden auf der Welt gibt, mit dem ich so viel gemeinsam habe wie mit ihr. Sie ist ein Teil dessen, was ich jetzt bin. Durch mein Schicksal bekam ich eine neue Freundin und Schwester. Die Welt kann ein wunderbarer Ort sein! Mit den Stammzellen von Tina fühle ich mich sicher und habe keine Angst vor einem möglichen Rückfall. Ich bin ihr für immer dankbar“, sagt Joshua.
Nun haben die beiden eine Woche lang Zeit, weitere Gemeinsamkeiten und Unterschiede kennenzulernen. Joshua ist gelernter Koch und arbeitet als Chef de Cuisine. Kochen und Essen ist auch ein großes Hobby von Tina und ihrem Mann. Somit wird das gemeinsame Kochen, Essen und der Austausch von Rezepten während des Besuchs sicherlich eine große Rolle spielen. Ein bisschen die Gegend erkunden und vielleicht eine Schifffahrt auf dem Rhein sind ebenfalls angedacht.
In Bezug auf Öffentlichkeitsarbeit sind sich Joshua und Tina einig, die DKMS bei der Gewinnung potenzieller neuer Spender:innen zu unterstützen. Deshalb teilen sie gerne ihre Geschichte und waren einverstanden, sich beim ersten Treffen von einem RTL-Kamerateam begleiten zu lassen. „Wir haben mit unserer gemeinsamen Geschichte Verantwortung erhalten. Diese möchten wir annehmen. Wenn sich durch uns nur ein neuer Spender registrieren lässt, gibt es eine Chance mehr Blutkrebs zu besiegen. Und darum geht es”, sagt Joshua.
Eine Registrierung ist jederzeit online unter www.dkms.de möglich. Weitere Unterstützungsmöglichkeiten finden sich ebenso auf der Website.
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