Brother From Another Mother – 10 Jahre Mackenzie und Alexander
Eine kurze OP für Alexander, ein ganzes Leben für Mackenzie
Als sie 16 Jahre alt war, erhielt die Kanadiererin Mackenzie Curran die niederschmetternde Diagnose Myelodysplastisches Syndrom, das sich schnell zu Leukämie entwickelte. Vor allem beim Basketball-Training spürte sie zunehmende Erschöpfung, die aber anfangs von Ärzten noch als harmloser Virus fehlinterpretiert wurde. Doch auch morgens fehlte Mackenzie immer öfter die Kraft zum Aufstehen, sodass weitere Untersuchungen und schließlich auch die Diagnose Krebs folgten.
Schon zu dem Zeitpunkt war klar: Nur eine Stammzelltransplantation kann ihr helfen. Doch in Mackenzies Familie fand sich keine passende Spenderin und kein passender Spender. Auch in ihrem Heimatland Kanada blieb die Suche erfolglos. „Es war wirklich beängstigend zu dieser Zeit“, erinnert sie sich heute. „Wir wussten von anderen Fällen, bei denen kein passender Spender gefunden wurde.“
Doch dann kam die erlösende Nachricht: Es gibt einen geeigneten Spender. Wie sich später herausstellte: Alexander Türk aus dem Saarland, damals 23 Jahre alt, ist ihr „genetischer Zwilling“. Fünf Jahre zuvor hatte er sich bei der DKMS registriert. Durch die Freiwillige Feuerwehr in seiner Heimat hatte er nämlich von einem Erkrankten im Nachbardorf erfahren und wollte helfen. „Das ist dann natürlich erstmal eine große Sache, wenn man den Brief bekommt“, erinnert er sich. „Man hat auch ein bisschen Angst, was denke ich ganz normal ist. Aber nach einer Minute realisiert man dann: Da ist jemand und der braucht meine Hilfe und ich kann da helfen.“
Also begab er sich in die Hände der Ärztinnen und Ärzte und spendete Knochenmark. Eine Seltenheit, denn in 90 Prozent der Fälle werden die benötigten Stammzellen mittlerweile aus der Blutbahn entnommen. Abhängig von den Bedürfnissen des Patienten oder der Patientin kann aber eine Knochenmarktransplantation medizinisch notwendig sein. Dabei wird dem Spender oder der Spenderin unter Vollnarkose Knochenmark aus dem Beckenkamm entnommen. So wie bei Alexander, denn er stellte sich der Prozedur.
Eine kurze OP für Alexander, ein ganzes Leben für Mackenzie. Die Therapie schlug an und schon nach einem Jahr konnte man ihren Genesungsfortschritt förmlich sehen. „Ich habe mich endlich wieder wie ich selbst gefühlt“, erzählt sie. Auch Sport konnte sie dank der Spende von Alexander wieder machen, zur Schule gehen und leben.
Auch Alexander ging es gut nach der Spende. Er schloss sein Studium ab und wurde Lehrer.
Doch wer ihr Lebensretter eigentlich ist, wusste Mackenzie damals nicht. „Wir wussten nur: Es ist ein Mann von irgendwo auf der Welt.“ Erst nach Wegfall der zweijährigen Anonymitätsfrist konnten die beiden miteinander Kontakt aufnehmen – und das taten sie.
Die erste Begegnung: Begleitet vom Kanadischen Fernsehen. Familie Curran hatte Alexander nach Kanada eingeladen und gemeinsam mit Kameras am Flughafen in Empfang genommen. „Es war sehr emotional, denn monatelang haben wir uns gefragt: Wer ist dieser Mann?“, erinnert sich Mackenzie heute. Und auch Alexander ist für die Erfahrung damals mehr als dankbar, weil „man die Auswirkungen sieht, was so eine kleine Spende bewirken kann.“
Bei einem Besuch bleibt es nicht. Die „genetischen Zwillinge“ halten weiter Kontakt. Schreiben Postkarten, telefonieren. Als Mackenzie im Dezember 2022 in Florida heiratet, sind die zwei längst Freunde und Alexander wird als Überraschungsgast eingeflogen. Neun Jahre nach der Spende „konnte auch mein Mann endlich meinen Lebensretter kennenlernen“, freut sich Mackenzie.
Jedes Jahr am 20. November feiert Mackenzie ihren zweiten Geburtstag – mit Cupcakes oder Kuchen. Und das 10. Transplantationsjubiläum in diesem Jahr musste natürlich entsprechend gebührend gefeiert werden. Deshalb gab es den Cupcake mit der „10“ oben drauf in Deutschland. Zuhause bei Alexander im Saarland. Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Kelsey wollte Mackenzie nämlich auch Alex‘ Familie kennenlernen. „Denn vielleicht hätte Alex nicht gespendet, wenn er nicht auch so eine herzliche Familie hätte.“ Die galt es also kennenzulernen und zu schauen: Wo kommt er eigentlich her, ihr Lebensretter?
Mit auf dem Plan: Der Besuch einer großen Registrierungsaktion an Alexanders Schule, dem TGBBZ 1. Denn mit ihrer Geschichte wollen die zwei noch mehr erreichen. Noch mehr Menschen zur Registrierung als potenzielle Stammzellspender:innen motivieren. Zeigen: So einfach kann es sein, ein Leben zu retten. Und die Botschaft kommt an. Mucksmäuschenstill ist es in der Aula, während Alexander und Mackenzie erzählen. Die Videos ihrer ersten Begegnung berühren das ganze Publikum und insbesondere die Schüler:innen. Beinahe ein Drittel von ihnen registriert sich noch am selben Tag.
Und am Ende sind sich Kanada und das Saarland gar nicht so fremd, wie es scheint. Für Mackenzies Mutter Joanne steht fest: „Alex ist wie der Sohn, den ich nie hatte.“ Und auch Mackenzie sagt „Er ist wie ein Bruder.“
Familie, die Alexander durch drei kleine Stäbchen gefunden hat. „Registriert euch für eine mögliche Stammzellspende bei der DKMS, Leben retten ist so einfach.“
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