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19. November 2018, News in Spender & Patienten

10 Jahre danach: Zu Besuch bei Mathies aus Norderstedt

Registrierungsaktion für Norderstedter Jungen ermöglicht 66 Lebenschancen für Patienten weltweit

2008 sorgte die Erkrankung des damals fünfjährigen Mathies für großen Wirbel in Norderstedt. Der Junge war an Schwerer Aplastischer Anämie erkrankt und dringend auf eine lebensrettende Stammzellspende angewiesen. Die Solidarität war überwältigend. Fußballlegende Uwe Seeler übernahm die Schirmherrschaft der Aktion, und 3500 hilfsbereite Menschen ließen sich in die DKMS aufnehmen. Großartig: 66 davon konnten bereits mit einer Stammzellspende Patienten helfen, bei Mathies war ein weltweiter Suchlauf erfolgreich. Zehn Jahre später steht der Teenager mitten im Leben. Anfang November besuchte das DKMS-Redaktionsteam die Familie erneut und fühlte sich gleich wieder wie zuhause.

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    10 Jahre danach: Interview mit Mathies und seiner Familie

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  • Liebt Sport: Mathies aus Norderstedt

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    Liebt Sport: Mathies aus Norderstedt

    Der 15-Jährige spielt mit seinem Vater Tischtennis. Mutter Simone schaut zu.

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  • Feuerwehrfan Mathies

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    Feuerwehrfan Mathies

    Der Junge strahlt beim Besuch des Feuerwehrtechnischen Zentrums in Norderstedt.

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  • Steht mitten im Leben

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    Steht mitten im Leben

    Mathies erhielt vor 10 Jahren eine lebensrettende Stammzellspende.

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  • Unterstützen die DKMS

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    Unterstützen die DKMS

    Mathies mit seiner Mutter Simone und seinem Vater Gunnar.

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  • Mathies heute und vor 10 Jahren

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    Mathies heute und vor 10 Jahren

    Der Teenager zeigt das Flugblatt, mit dem 2008 auf die Registrierungsaktion [...]

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  • Im heimischen Garten

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    Im heimischen Garten

    Mathies und seine Mutter Simone vor der selbstgebauten Sauna.

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  • Können wieder Lachen!

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    Können wieder Lachen!

    Mathies besucht mit seinen Eltern das Feuerwehrtechnische Zentrum in [...]

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  • 66 Lebenschancen für Patienten

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    66 Lebenschancen für Patienten

    Aktuell haben 66 Menschen aus der Aktion "Hilfe für Mathies und andere" [...]

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Norderstedt, November 2008: Im Wohnzimmer der Familie Becker ist der Esstisch liebevoll gedeckt, ein Kinderschlagzeug steht mitten im Raum. Ein blonder, sommersprossiger Junge sitzt auf dem Boden und spielt konzentriert mit seinen Legosteinen. Um die Kaffeetafel herum haben sich seine Eltern, die drei Patentanten sowie eine Ansprechpartnerin der DKMS versammelt und planen eine Registrierungsaktion, um möglichst viele Menschen zu motivieren, sich als potenzielle Spender aufnehmen zu lassen. Denn: Mathies ist zu dem Zeitpunkt lebensbedrohlich erkrankt – an einer so genannten „Schweren Aplastischen Anämie“ – und dringend auf eine Stammzellspende angewiesen. „Im Dezember 2007 hatten wir festgestellt, dass Mathies blaue Flecken am Körper hat, und es wurde die Diagnose gestellt“, erinnert sich Mutter Simone Becker.

Kurzerhand entschließt die Familie, sich selbst aktiv dafür einzusetzen, dass ein geeigneter Spender gefunden wird – und auch anderen Patienten soll geholfen werden. Ganz Norderstedt steht daraufhin im Zeichen der DKMS, die Solidarität mit dem erkrankten Mathies und seiner Familie ist riesig. Im Gymnasium Harksheide, bei den Stadtwerken und der Firma Yamaha finden Aktionen statt, bei denen sich rund 3500 Menschen registrieren lassen. Kurz darauf kommt die erlösende Nachricht: Für Mathies konnte im weltweiten Suchlauf ein geeigneter Spender gefunden werden. Die Transplantation wird schließlich im Dezember 2008 durchgeführt – mit Erfolg. „Ich habe immer daran geglaubt, dass wir es schaffen. Eine andere Option habe ich nicht zugelassen“, sagt Simone Becker. „Dem Transplantationstag haben wir alle entgegengefiebert, und ab da ging es bergauf.“

EIN MATHIES, DEM DIE WELT OFFEN STEHT

Norderstedt, November 2018: Das DKMS Team freut sich auf ein Wiedersehen mit Familie Becker. Wieder ist der Esstisch im Wohnzimmer liebevoll gedeckt. Am Kopfende des Tischs sitzt ein blonder, sommersprossiger Teenager, verspeist erst eine Portion Bratwurst mit Kartoffelpüree und greift im Anschluss nach einem großen Stück Sandkuchen. Er hat einen gesunden Appetit – kein Wunder, der Zehntklässler ist gerade aus der Schule nach Hause gekommen. Aus dem in sich gekehrten kleinen Mathies von damals ist ein lebhafter und redegewandter junger Mann geworden, der vor Energie nur so sprüht. „Das Kinderschlagzeug haben wir mittlerweile weggeräumt. Mathies hat Musiktalent, er spielt aber sein Talent lieber im Sport aus“, erzählt Gunnar Becker mit einem Augenzwinkern.

Denn Mathies liebt Sport: Er spielt Tischtennis im Verein und liefert sich an der Platte im heimischen Garten kämpferische Duelle mit seinem Vater. Mit seinen Freunden kickt er auf dem Fußballplatz und ist auch bei den aktuellen Spielen der Bundesliga auf dem Laufenden. Der Teenager ist zwar ein echtes „Nordlicht“, aber Fan des FC Bayern. Vor ungefähr acht Jahren hat er seine Fußballidole sogar mal vor einem Spiel gegen den HSV getroffen. „Sein Lieblingsspieler Miroslav Klose war leider nicht dabei“, sagt sein Vater. „Man hatte uns daraufhin versprochen, Mathies ein Trikot von ihm nach Hause zu schicken.“ Kurz darauf kam das Paket tatsächlich an. Ein großer Moment für Mathies: „Darin war eine Tüte mit Geschenken. Unter anderem war ein Stirnband dabei – das ziehe ich heute noch an“, berichtet er stolz. Richtig gut findet er zudem das Engagement von Bayern-Spieler Jerome Boateng für die DKMS.

Der 15-Jährige steckt voller Pläne, besonders gerne möchte er reisen und die Welt entdecken. Thailand und Neuseeland fände ich toll. Ich habe schon viele Bilder davon gesehen und diese Strände und das Wasser sehen traumhaft aus. Jemand aus meiner Klasse hat ein Auslandsjahr in Neuseeland gemacht und davon erzählt. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich dort irgendwann mal ein paar Wochen verbringe“, sagt Mathies.

An die Zeit im Krankenhaus hat Mathies nur noch wenige Erinnerungen. „Es gab einen Clown, der kam ins Zimmer und hat so lustig seine Wangen aufgepustet – da musste ich immer lachen“. Er hatte damals eine beste Freundin, die ebenfalls schwer erkrankt war und mit der er in der Klinik viel Zeit verbrachte. Bis heute besucht er sie gemeinsam mit seiner Familie – an ihrem Grab. „Leider ist sie gestorben“, sagt Simone Becker. „Es war unglaublich schwer, zu sehen, dass viele Kinder nicht überlebt haben. Umso dankbarer sind wir, dass es unser Mathies geschafft hat.“

Mit Mathies Spender, einem Mann aus Deutschland, hat sie in den vergangenen Jahren anonym einige Briefe ausgetauscht. Zu einem Kennenlernen ist es bislang noch nicht gekommen. „Es war für uns alle eine sehr turbulente Zeit. Mathies war auf dem Weg der Genesung, dafür ging es einer seiner beiden Schwestern schlecht. Ich hatte versucht, dem Spender dies in einem der Briefe zu erklären. Es ist mir auch nach all den Jahren ein großes Anliegen, ihm zu danken. Er hat unser Kind gerettet“, so Simone Becker. „Wir überlassen Mathies die Entscheidung, ob er seinen Spender persönlich treffen möchte, und dann sind wir natürlich gerne mit dabei“, ergänzt Gunnar Becker.

UWE SEELER ENGAGIERT SICH – UND NIMMT ANTEIL

Die Schirmherrschaft für die Registrierungsaktion unter dem Motto „Hilfe für Mathies und andere“ hatte damals Uwe Seeler übernommen. „Ich freue mich wirklich sehr, dass es Mathies gut geht und dass er dank einer Stammzellspende eine Zukunft geschenkt bekommen hat. Das ist großartig und zeigt eindrucksvoll, was man gemeinsam erreichen kann“, sagt der Ehrenspielführer der deutschen Fußballnationalmannschaft. Darüber hinaus gibt es bewegende Neuigkeiten: 66 von 3500 Menschen, die sich im Zuge der damaligen Aktion registrieren ließen, konnten mit ihrer Stammzellspende anderen Patienten eine zweite Chance auf Leben geben (Stand November 2018). Die Transplantate gingen von Norderstedt sprichwörtlich um die Welt: unter anderem nach Frankreich, Finnland, Polen, Singapur, Neuseeland und in die USA.

Die überwältigende Solidarität bewegt die Familie nach wie vor. Das gab uns Kraft. Das war die Unterstützung, die man einfach brauchte. Wir haben einen Spender gefunden, unser Sohn ist gesund geworden, mehr können wir uns einfach gar nicht erträumen!“ Und noch immer sind die Norderstedter daran interessiert, wie es Mathies geht und wie er sich entwickelt. „Wir werden oft angesprochen und die Menschen sind alle glücklich, wenn ich erzähle, wie gut es ihm geht. Es gab eine nette Geschichte: Eine Dame hat uns im Supermarkt angesprochen und Mathies Geld geschenkt, damit er sich ein Eis kaufen kann. Es war ihr ein Bedürfnis, ihm eine Freude zu machen.“

Ein großes Anliegen der Familie ist es, die DKMS und den Kampf gegen Blutkrebs weiterhin zu unterstützen. Erst kürzlich hatte der passionierte Trompetenspieler Gunnar Becker der gemeinnützigen Organisation einen Informations- und Registrierungsstand im Rahmen des Landesmusikfestes Schleswig-Holstein ermöglicht. „Die DKMS macht tolle Arbeit, schenkt Leben und das mit relativ wenig Aufwand für den Spender im ersten Moment. Sich registrieren zu lassen ist total einfach, das kann man doch nur unterstützen. Also bitte alle mitmachen.“

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