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7. Januar 2020, News in Partner & Netzwerk

Metalstar Michael Derks über den härtesten Kampf seines Lebens

Nach einer Stammzelltransplantation steht der Gitarrist der US-Metalband Gwar wieder auf der Bühne

Der US-Musiker Michael Derks berichtet im DKMS-Talk über seine Schockdiagnose Myelofibrose. Dank einer Stammzelltransplantation steht der Gitarrist der Metalband GWAR heute wieder mitten im Leben, und es ist ihm ein Anliegen, sich im Kampf gegen Blutkrebs einzusetzen. Mit dem DKMS-Redaktionsteam sprach er darüber, warum er dank seiner Schwester wieder auf die Bühne zurück kehren konnte, über den Entschluss, seine Krankheit öffentlich zu machen, und über die Solidarität der Metalszene.

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    Interview mit Michael Derks, Gitarrist der Metalband GWAR

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    Michael Derks ist der Gitarrist der Metalband GWAR

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    Michael Derks mit seinem "Character" und DKMS-Mitarbeiterin Simone Henrich beim [...]

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    Michael Derks in seinem "Character" auf der Bühne

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„Ich kam zu dem Punkt, an dem ich Probleme hatte, durch die Show zu kommen, und einmal fast auf der Bühne kollabierte“, sagt Michael Derks, auch bekannt unter seinem Künstlernamen BälSäc The Jaws ’O Death. 2017 erhielt der Gitarrist der amerikanischen Metalband GWAR die Schockdiagnose Myelofibrose. Dabei handelt es sich um eine seltene und schwere Erkrankung des blutbildenden Systems, bei der das Knochenmarkgewebe „verfasert“, also durch Bindegewebe ersetzt wird. Dadurch verödet das Knochenmark und bildet immer weniger reife und funktionsfähige Blutzellen. Oftmals ist eine Stammzelltherapie die einzige Überlebenschance für betroffene Patienten.

Zusammen mit der DKMS US und der Love Hope Strength Foundation startete Michael einen eindringlichen Hilfsappell, um möglichst viele Menschen zur Registrierung als Stammzellspender zu mobilisieren. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass seine Schwester als Spenderin geeignet war, und die Transplantation wurde erfolgreich durchgeführt. Michael Derks ist es seither eine Herzensangelegenheit, sich im Kampf gegen Blutkrebs einzusetzen.

Lieber Michael, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für ein Gespräch über ein sehr persönliches Thema nimmst. Wie geht es Dir heute?

Mir geht es sehr gut. Ich bin nach fast acht Jahren zurück in Europa. Es ist wunderbar, wieder hier zu sein – voller Kraft und gesund.

Wann hast Du die Diagnose Myelofibrose erhalten? Und was genau war passiert?

2017 waren wir auf Welttournee, es war eine große Festival Tour. Alle Shows waren open air. Es war im Hochsommer, und es war extrem heiß, was sehr schwer für mich war. Im Laufe der Tour wurde ich immer erschöpfter. Ich dachte, es läge an der Hitze und daran, dass es sehr anstrengend ist, eine Show zu spielen. Wir tragen fast 45 Kilogramm schwere Kostüme aus Latex, wenn wir auf der Bühne stehen. Und wenn man dann draußen ist, ist es normal, wenn man nach einiger Zeit zermürbt und erschöpft ist. Aber ich kam zu dem Punkt, an dem ich Probleme hatte, durch die Show zu kommen, und einmal fast auf der Bühne kollabierte. Unser Tourmanager hat dann darauf bestanden, dass ich zu den Sanitätern gehe, die mit uns auf Tour waren. Ich sah irgendwie grau aus und es ging mir nicht gut. Die Sanitäter gaben mir eine Infusion und sagten direkt: „Du musst zur Notaufnahme gehen. Wir können nicht mehr für dich tun.“

Ich weigerte mich, an dem Tag in ein Krankenhaus zu gehen, weil wir in New Jersey waren und dort nicht die besten Kliniken sind. Also habe ich bis zum nächsten Tag gewartet, als wir in New York waren, und ging dort ins Krankenhaus. Es wurde ein Blutbild gemacht, das nicht gut war. Ich habe die genauen Zahlen vergessen, aber mein Blut transportierte kaum noch Sauerstoff zu meinen Organen. Ich stand kurz vor einem Organversagen. Also begannen sie mir Bluttransfusionen zu geben. In der Nacht hatte ich drei Transfusionen, damit ich wieder genug Blut in mir hatte, um zu überleben. Sie behielten mich für eine Woche dort, was wirklich hart war, weil ich die Tour verlassen und der Rest der Band ohne mich weitermachen musste.

In der New Yorker Klinik konnten sie nicht herausfinden, warum meine Werte weiter sanken. Sie gaben mir Blut, aber sie wussten nicht, was die Ursache des Problems war. Also wurde ich nach Hause geschickt und an ein Krebszentrum verwiesen. Dort wurden noch mehr Biopsien gemacht, doch sie brauchten Monate, um die Diagnose Myelofibrose zu stellen. Ich bekam inzwischen jeden Tag Bluttransfusionen. Und jedes Mal, wenn man eine Bluttransfusion erhält, wird das Blut komplexer. Es nimmt die Marker von den Personen auf, von denen Du Blut bekommst. Weil man die ganzen Marker aufeinander abstimmen muss, wird es mit jeder Transfusion schwerer, passendes Blut zu erhalten. Schließlich konnten sie kein Blut mehr finden, das zu meinem passte. Es war offensichtlich, dass jetzt etwas geschehen musste, und sie entschieden sich zu einer Stammzelltransplantation.

Wie hast Du Dich gefühlt, als klar war, dass Du auf eine Transplantation angewiesen bist?

Es ist erst mal beängstigend. Tatsächlich war die Prozedur aber nicht so furchtbar, wie das Wort „Knochenmarktransplantation“ klingt. Es hört sich zunächst an, als würden sie das ganze Knochenmark aus einem herausholen, um einem dann neues zu spritzen. So ist es nicht, aber es ist auf keinen Fall eine spaßige Prozedur. Als Erstes muss man einen Spender finden, und dabei kann jeder helfen. Ich hatte wirklich Glück: Meine Schwester passte perfekt als Spenderin für mich. Ich habe dann eine Chemotherapie bekommen, um zunächst mein erkranktes Knochenmark zu zerstören.

Wenn Leute zu Spendern werden, ist das überhaupt keine schmerzvolle Sache. Neben der Knochenmarkentnahme aus dem Beckenkamm gibt es auch eine Art Blutspende. Sie schließen dich an eine Maschine an, durch die dein Blut fließt, und filtern die Stammzellen heraus. Das ist die eigentliche Spende. Zumindest war es bei mir so, denn meiner Schwester entnahmen sie auf diesem Weg Stammzellen, und nachdem mein erkranktes Knochenmark zerstört war, gaben sie mir diese.

Haben Deine Schwester und Du jetzt eine engere Verbindung als vorher?

Wir waren uns schon immer sehr nah. Aber jetzt sagt sie immer: „Du bist jetzt ein Teil von mir. Du hast mein Immunsystem in Dir.“ Es ist schon ungewöhnlich, diese Art von Verbindung zu haben

Bist Du stolz auf Deine Schwester?

Ja, sie ist großartig. Sie hätte nie gezögert, mir zu helfen – egal was gewesen wäre.

Auf der Bühne kennt man Dich nur mit Maske. Mit Deiner persönlichen Geschichte hast Du Dich bewusst demaskiert. Was war der Grund dafür?

Ich hatte das Gefühl, dass das eine Möglichkeit war, etwas Gutes aus der Sache zu machen. Da ich einen gewissen Bekanntheitsgrad habe, konnte ich diesen nutzen, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Es gibt so viele Leute da draußen, die einen Spender brauchen, und es ist so schwer, einen passenden zu finden. Es ist gut, wenn viele Menschen sich registrieren lassen und zu potenziellen Spendern werden. Ich habe mich mit Love Hope Strength aus den Vereinigten Staaten zusammengetan. Sie begleiteten uns auf unseren Tourneen und haben dort potenzielle Spender gewinnen können. Auf diese Weise haben wir mittlerweile über 30 passende Spender gefunden, die ich registriert habe. Das hat mich wirklich glücklich gemacht.

Lass uns über die Metalszene sprechen: Seit sechs Jahren engagiert sich das Wacken Open Air für die DKMS. 10.000 Metalheads haben sich seitdem registrieren lassen – 37 davon haben Stammzellen für Patienten weltweit gespendet. Auch Ihr habt schon auf dem „heiligen Acker“ des W:O:A gespielt. Wie erklärst Du Dir die große Verbundenheit der Szene im Kampf gegen Blutkrebs?

Ich glaube, das kommt daher, dass es bei Metalfans eine richtige Gemeinschaft gibt. Die Fans wurden immer irgendwie ausgegrenzt und sind untereinander durch die Liebe zu einem bestimmten Musikstil verbunden. Außenstehende denken oft, es ginge uns nur darum, Dinge und die Umwelt zu zerstören. Aber so ist es nicht. Es gibt unter den Fans eine besondere Solidarität. Es geht darum, gute Musik zu lieben. Und es gibt viele hilfsbereite Menschen in der Community.

Wie lautet Dein Appell?

Wacken: Ich höre, dass ihr und die Fans viel für die DKMS getan habt und ich glaube, es ist Zeit GWAR zurückzubringen. Denn wer könnte besser Blut spenden, als die Menschen, die einem das meiste Blut von allen bringen?

Lieber Michael, herzlichen Dank für das Gespräch! 

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