Powerplay gegen Blutkrebs
Vor knapp fünf Jahren spendet Pia Herzog aus Kassel Stammzellen – 2024 wird sie in den USA auf Angela treffen, die durch ihre Spende heute noch am Leben ist.
Ob Sommer oder Winter, das Thema Eishockey ist seit Jahren ein Fixpunkt im Leben von Pia Herzog. Nicht nur als passionierter Fan kommt die 37-Jährige fast täglich mit dem gefrorenen Nass in der Halle in Berührung. Auch in der Familie der zweifachen Mutter ist der schnellste Mannschaftssport der Welt allgegenwärtig: Ihr Mann Brent und ihre Söhne Leon und Milo sind ebenfalls fest mit dem Sport auf zwei Kufen verbunden.
Brent, der vor vier Jahren aus Kanada nach Deutschland kam, ist Equipment-Manager bei den Kassel Huskies aus der zweiten Deutschen Eishockey Liga. Er sorgt dafür, dass die Spieler auf dem Eis alles haben, um zu scoren und das Team in der Tabelle nach vorne zu bringen. Zuvor war er bei den Bayreuth Tigers, wo die Familie bis zur letzten Saison auch wohnte. Pias Kids sind schon von der Pike auf mit dem Sport verbunden und spielen nun im Jugendteam der Kasseler. „Den Jungs auf dem Eis zuzuschauen, das ist für mich einfach das Schönste auf der Welt“, schwärmt Pia von Leon und Milo. „Ich liebe es, zu sehen, wie sie das Eishockey und ihr Leben genießen.“
„Ich wäre jedem dankbar, der hilft“
Eine Liebe, die für die gelernte Friseurin vor knapp zehn Jahren Vieles in Bewegung setzte. „Damals habe ich mich nach den Geburten meiner Söhne bei der DKMS registriert. Denn mir war klar: Wenn mit meinen Kids etwas wäre, wäre ich jedem auf der Welt unglaublich dankbar, der hilft“, blickt Pia zurück. Daher lässt sie sich als potenzielle Stammzellspenderin typisieren – für den Fall der Fälle.
Einige Jahre vergehen, ohne dass die junge Frau etwas von der DKMS mitbekommt. Doch 2019 geht plötzlich alles ganz schnell. Im Mai 2019 tritt tatsächlich dieser „Fall der Fälle“ ein: Pia kommt für eine Patientin aus den Vereinigten Staaten als Stammzellspenderin infrage. Trotz ihrer Abneigung gegen Nadeln gibt es keinen Zweifel, dass sie die Voruntersuchungen und die periphere Stammzellentnahme über zwei Zugänge in die Armvenen für ihre Patientin antreten will. „In dem Moment hatte jemand anderes, egal wie alt oder jung, ganz egal woher, durch meine Stammzellspende die Chance auf Leben“, sagt Pia. „Jeder hat es verdient zu leben, wenn man ihm helfen kann.“ Dafür wuchs die gebürtige Pegnitzerin über sich hinaus und besiegte ihre Angst vor dem Pieks mit der Nadel. „Darauf war ich schließlich auch ein wenig stolz“, erklärt sie heute mit einem Lächeln.
Die Zeit wird knapp
In den Vereinigten Staaten ist das Bild 2019 leider ein anderes: Der Zustand von Pias genetischem Zwilling hat sich verschlechtert. Die Spende in der Nürnberger Entnahmeklinik – nicht weit von Pias damaligem Wohnort Bayreuth – muss dringend erfolgen. Für Pia ein emotionales Erlebnis. „Meine Gedanken waren die ganze Zeit bei der Patientin. Ich wollte unbedingt, dass alles gut abläuft und funktioniert.“ Ihr Wunsch geht in Erfüllung. Nach einigen Stunden ist die Spende geschafft und ihre Stammzellen gehen auf die Reise über den Atlantik. Pia weiß zu diesem Zeitpunkt nur, dass ihre Spende an eine Frau zwischen 30 und 40 Jahren in die USA ging. Anonym durfte Pia ihr schon im September 2019 schreiben – mit emotionalen Worten: „Vermutlich ist das der schwerste Brief, den ich je geschrieben habe, deshalb schreibe ich erst einmal ‚Hey‘. Ich hoffe, dass die Spende bei dir einen guten Platz bekommen hat. Jeden Tag hoffe ich, dass es dir gut geht. Mein Einsatz ist nichts im Vergleich zu dem, was du schon gemeistert hast. Du bist eine Kämpferin.“
Zurück erhielt Pia eine Karte und einen kurzen Brief, in dem sich ihr genetischer Zwilling Angela bei ihr bedankt. Weihnachten 2020 schickt sie ihr Anhänger für den Weihnachtsbaum der Familie, mit Eishockey- und Friseurmotiven. „Da hatte sie schon erfahren, dass meine Jungs alle Eishockey-verrückt sind und ich als Friseurin gearbeitet habe“, sagt Pia. „Auch für meinen Mann war etwas Besonderes dabei: Für ihn hat sie Süßigkeiten aus den Staaten dazugelegt, die er so sehr aus seiner Heimat Kanada vermisst.“
Vorfreude aufs persönliche Kennenlernen
Mittlerweile weiß Pia mehr von ihrem genetischen Zwilling auf der anderen Seite des großen Teichs. „Angela ist 43 Jahre alt und kommt aus der Nähe der Metropole Seattle, ganz nah an Kanada also“, so Pia. „Irgendwie scheine ich eine besondere Verbindung zu Kanada und Nordamerika zu haben“, schmunzelt sie mit einem Blick auf ihren Mann Brent. „Angela und ich lieben Weihnachten, sind sehr tierlieb und tauschen uns nun schon länger und regelmäßig über Facebook und Instagram aus.“ Das große Ziel der beiden für 2024? „Im Juli fliegen wir für ein paar Wochen zu meiner Schwiegerfamilie nach Kanada und hoffen, dass wir Angela dann vor Ort treffen können.“
Mit ihrer Spende hat der Einsatz von Pia aber noch lange kein Ende gefunden. Zur Registrierung hat sie nun auch ihren Mann Brent bewogen, der sein Registrierungsset bereits an die DKMS zurückgeschickt hat. Sobald ihre beiden Söhne 17 Jahre alt sind, wollen auch sie sich registrieren lassen. „Wer weiß, vielleicht wird ja noch jemand aus der Familie so zum Lebensretter“, sagt Pia. „Es ist unfassbar wichtig, sich registrieren zu lassen, denn es könnte jeden treffen. Wenn einer von uns erkranken würde, wäre ich unfassbar dankbar für jeden, der sich hat registrieren lassen und der damit vielleicht zum Lebensretter werden kann.“
Rudel-Registrierung bei den Kassel Huskies
Deshalb hat Pia nun auch beim Eishockeyteam ihres Mannes Brent, den Kassel Huskies, eine Registrierungsaktion ins Rollen gebracht: Am Freitag, 26. Januar 2024, ruft der EC Kassel Huskies beim Heimspiel gegen die Krefeld Pinguine in der Nordhessen Arena (Am Auestadion 1, 34121 Kassel) zur kostenlosen Registrierung bei der DKMS auf. Ab 18:00 Uhr können sich alle Besucher:innen vor Ort registrieren lassen, um Menschen eine zweite Lebenschance zu ermöglichen.
Wer nicht vor Ort sein kann, hat die Möglichkeit, sich auf dieser Seite ein Registrierungsset online und kostenlos nach Hause zu bestellen.