WhatsApp-Status: „Happy Birthday to me”
Dank Roman ist Nina wieder gesund
Im Herbst 2017 erhielt Nina Lau (39) aus Gemmingen die Diagnose akute myeloische Leukämie. Nach vielen Therapien mit Aufs und Abs wurde die Krankenschwester im Februar 2021 transplantiert. Am Transplantationstag stand in ihrem WhatsApp-Status eine ganz besondere Nachricht: „Happy Birthday to me“, mit einem Foto des Stammzellbeutels ihres unbekannten Spenders. Kürzlich hat sie ihn zum ersten Mal persönlich getroffen. Roman Schmidt (36) aus Bietigheim-Bissingen.
Nina arbeitet als Krankenschwester in der zentralen Notaufnahme in einer Klinik in Heilbronn. Schon während ihrer Ausbildung im Jahr 2004 ließ sie sich als potenzielle Spenderin in die DKMS aufnehmen. „Für mich war die Registrierung damals selbstverständlich“, sagt Nina. Dreizehn Jahre stand sie weltweit für andere Betroffene in der Datei zur Verfügung, bis sie 2017 selbst an Blutkrebs erkrankte. Es folgten Chemotherapien – und auch eine mögliche Stammzellspende stand im Raum. Ninas älterer Bruder passte leider nicht und die behandelnden Ärzte starteten einen Fremdspendersuchlauf. Tatsächlich wurde damals bereits jemand gefunden. Sein Name: Roman Schmidt. Doch dann gab es für Nina eine positive Überraschung: Die Chemotherapie hatte angeschlagen und die Leukämie war nicht mehr feststellbar. Dementsprechend wurde Romans mögliche Spende wieder abgesagt – natürlich anonym.
Auch nach der positiven Nachricht blieb Ninas Gesundheitszustand weiterhin unter Beobachtung. Ein Jahr lang verlief alles gut. Dann der Schock: bei einer Untersuchung 2019 war einer ihrer Blutwerte auffällig. Ein möglicher Rückfall zeichnete sich ab – diesmal mit einer Mutation. Die Ärzte schlugen Alarm und Nina wurde wieder stationär ins Krankenhaus aufgenommen. „Das durfte doch nicht wahr sein. Ich wollte nicht schon wieder diese Torturen durchmachen. Ich wollte einfach nur heim“, erinnert sie sich.
Zu diesem Zeitpunkt bat die DKMS Roman erneut, zur Untersuchung seines Gesundheitszustandes für eine mögliche Stammzellspende Blut abzugeben. Doch erneut blieb es für eine Weile still um das Thema. Was Roman damals nicht wusste: Nina nahm zunächst noch an verschiedenen Studien teil – eine Transplantation stand aber weiterhin im Raum und wurde schließlich immer wahrscheinlicher.
Frauenpower
„Veralbern kann ich mich selbst“
Einen Tag vor Weihnachten 2020 erhielt Roman einen Anruf von der DKMS mit der Frage, ob er noch zur Spende bereitstünde. Zunächst dachte er, es wäre ein Scherz. „Veralbern kann ich mich selbst“, sagte er lachend zu dem DKMS-Mitarbeiter am anderen Ende. Aber – aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei. Dieses Mal war die Anfrage verbindlich. Ninas Zustand ließ eine Transplantation nicht nur zu, sie war sogar dringend notwendig. Roman war selbstverständlich weiterhin bereit zu helfen.
Einen Tag später erfuhr Nina, dass die Spende für sie geplant und im Februar 2021 durchgeführt werden würde. Nach der jahrelangen Tortur war es ihre letzte Hoffnung. Durch ihren Beruf als Krankenschwester wusste sie, was auf sie zukommen würde. Dass ihr unbekannter Spender gefunden war und zur Verfügung stand, gab ihr, ihrer Familie und ihren Freund:innen dennoch Mut und Zuversicht.
„Ich ziehe das durch“
„Für mich war klar, ich ziehe das durch, egal was kommt, auch wenn der Weg hart wird. Ich wollte einfach nur ganz bald wieder nach Hause“, sagt Nina. Schon über drei Jahre kämpfte sie gegen die Leukämie an, ließ unzählige Behandlungen über sich ergehen, lag auf der Intensivstation und hatte kaputte Schleimhäute. Die hochdosierte Chemotherapie für die bevorstehende Transplantation setzte Nina besonders zu und sie kämpfte mit Übelkeit und Erbrechen. Dennoch versuchte sie sich fit zu halten, ein wenig Physiotherapie und Sport zu machen. Sie fieberte dem Transplantationstag und ihrem neuen Immunsystem entgegen.
Auf der anderen Seite empfand Roman die Stammzellspende als angenehm und entspannt. Nach etwa dreieinhalb Stunden hatte er die benötige Menge Blutstammzellen abgegeben. „Die Zeit ging ganz locker flockig vorbei“, sagt er. Ein wenig unangenehm empfand er die Spritzen vorab und die grippeähnlichen Nebenwirkungen. „Man merkt, da passiert etwas im Körper. Das war aber auf jeden Fall ertragbar.“ Für ihn war immer klar: „Ich mache das jetzt einfach, Hauptsache ich kann helfen.“
So einfach die Stammzellspende für Roman ablief, so schwierig war die Transfusion für Nina. Sie erinnert sich an eine unruhige Nacht danach: „Mein Blutdruck eskalierte“. Doch bald ging es bergauf. Bereits nach neun Tagen waren die ersten Leukozyten sichtbar. Ganz langsam besserten sich Ninas Beschwerden. Nach dreieinhalb Wochen kam sie schließlich nach Hause. „Ich habe noch die letzte Folge der Bergdoktor-Staffel“ geschaut und bin dann heim“, sagt Nina, die ein absoluter Fan der Serie ist. Ihre Kollegen schenkten ihr später ein Autogramm von Hans Sigl.
„… schön, dass Du da warst, als ich dich am meisten gebraucht habe…“
Die eigenen vier Wände taten Nina gut. Im August 2021 konnte sie die Medikamente zur Immunsuppression bereits absetzen, ihre Blutwerte waren gut. „Romans Stammzellen gingen ab wie eine Rakete und nisteten sich gut bei mir ein“, sagt Nina. Der Brief, den sie daraufhin ihrem unbekannten Lebensretter zuschickte, um sich bei ihm zu bedanken, begann so: “Hallo Zwilling, schön, dass Du da warst, als ich dich am meisten gebraucht habe…“. Roman freute sich sehr darüber und die damit einhergehende Gewissheit, dass sein genetischer Zwilling noch am Leben ist. Er scannte Ninas anonyme Zeilen ein, teilte den Brief mit seiner Familien-WhatsApp Gruppe und schrieb ihr bald zurück.
Ende der Anonymitätsfrist
Im Februar 2023, nach ihrem zweiten Transplantations-Geburtstag, gab Nina über ihre behandelnde Klinik in Heidelberg ihre Adressdaten frei. Sie hoffte, dass auch ihr Spender an einem persönlichen Kontakt interessiert war. Schon bald erhielt Roman eine persönliche Nachricht von Nina. Er antwortet sofort und es folgte ein reger Austausch von Nachrichten und Fotos. Da beide nur 30 Kilometer voneinander trennen, trafen sie sich zusammen mit ihren Partner:innen und Romans Tochter Carolina bei Nina zuhause.
„Roman zu treffen wurde endlich Wirklichkeit. Wir haben uns erst einmal in den Arm genommen. Es hat sich gut angefühlt“, sagt Nina. Und weiter: „Roman ist der Grund warum ich lebe. Ihn und seine Frau kennenzulernen war einmalig.“ Auch für Roman und Miriam war das erste Treffen besonders: „Nina ist eine bewundernswerte und starke Frau. Auf Fotos, wo Nina mitten in der Chemotherapie steckt, lacht sie und strahlt einen unfassbaren Optimismus und Lebenswillen aus“, sagt Roman.
Fest steht, es wird noch weitere Besuche geben, um sich besser kennenzulernen und natürlich auch noch weitere Familienmitglieder und Freunde zu treffen.
„Ich bin froh, dass meine Frau mir den Schubs gegeben hat und ich mit meiner Spendenerfahrung bereits einige Menschen, vor allem auch Männer in meinem Umfeld, von einer Registrierung überzeugen konnte,“ sagt Roman. „Eine Stammzellspende bedeutet wenig Aufwand und hat eine große Wirkung: Sie verlängert Leben.“
Nina geht es heute wieder gut. Sie hat ihre alte Kraft zurück und arbeitet wieder Vollzeit als Krankenschwester in der zentralen Notaufnahme in Heilbronn. In ihrer Freizeit geht sie gerne ins Fitnessstudio, fährt Fahrrad oder arbeitet im Garten. Kürzlich hat sie zu einer Mitarbeiter-Registrierung in ihrem Krankenhaus aufgerufen. Rund 80 Kolleg:innen haben sich dabei in die Datenbank der DKMS aufnehmen lassen. „Dank Romans Spende habe ich wieder ein normales Leben, kann mit meiner Familie und meinen Freunden zusammen sein. Ich möchte daher jedem gesunden Menschen ans Herz legen, sich zu registrieren.“
Besucherinnen und Besucher des GLÜCKSGEFÜHLE Festivals, das vom 14. bis 17. September am Hockenheimring stattfindet, können sich beispielsweise zwischen den Auftritten ihrer Lieblingskünstler direkt vor Ort in die DKMS aufnehmen lassen. Die gemeinnützige Organisation ist Charity-Partner des Festivals und mit einem Registrierungsstand bei dem Event vertreten. Alternativ ist eine Online-Registrierung jederzeit möglich: Einfach online auf dkms.de/glueck ein Registrierungsset bestellen, zu Hause den Wangenabstrich machen, eine Einwilligungserklärung ausfüllen und an die DKMS zurücksenden. Fertig!