Vielfalt: Maria aus Venezuela erhält neue Lebenschance
Im Jahr 2014 verändert sich das Leben von Maria Dolores Herrera White von einem Moment auf den anderen: Eine akute Form von Blutkrebs lautet die niederschmetternde Diagnose. Nach vier Chemotherapien sieht es zunächst so aus, als hätte sie gute Chancen auf Heilung, doch knapp zwei Jahre später erleidet sie einen Rückfall.
„Mein Onkologe sagte mir, dass mir jetzt nur noch eine Stammzelltransplantation helfen könne“, erinnert sich die heute 48-Jährige, die in Venezuela geboren und aufgewachsen ist. Die Suche nach einem passenden Spender wird gestartet. In Vorbereitung darauf wird Maria insbesondere zu ihrer Herkunft von den Ärzten befragt. „Mein Vater kommt aus Venezuela und meine Mutter aus den USA“, berichtet Maria. „Doch dem Arzt war nicht die Nationalität wichtig, sondern die eigentliche ethnische Herkunft. Er fragte zum Beispiel konkret, wo stammte die Familie ihres Mutter bevor sie nach USA ausgewandert ist und vieles mehr.“ So stellte sich heraus, dass Marias ethnische Herkunft sehr vielfältig ist: Spanische und italienische Wurzeln väterlicherseits sowie ursprünglich Englische mütterlicherseits.
Für den behandelnden Arzt stellt dies eine wichtige Information für die Suche nach einem geeigneten Spender dar. Denn: Entscheidend für eine erfolgreiche Transplantation ist die Übereinstimmung der Stammzellmerkmale (HLA-Merkmale) zwischen Patient und Spender. Weltweit sind bisher über 18.100 unterschiedliche HLA-Merkmale erfasst, die in Millionen von unterschiedlichen Kombinationen auftreten: Jede ethnische Gruppe hat ihre eigenen typischen HLA-Merkmalskombinationen – es kommt also auf die Herkunft an, nicht auf die aktuelle Nationalität. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb der eigenen Gruppe – der eigenen Abstammung entsprechend – einen Spender zu finden, ist erhöht.
Maria hatte großes Glück, nur etwas mehr als einen Monat nach Einleitung der Suche wird ein geeigneter Spender für Sie gefunden. „Ich war so glücklich, als der Anruf kam. Ich konnte nur noch vor Freude springen“, erinnert sie sich. „Ich bin aus dem Zimmer gelaufen und habe direkt dem Krankenhauspersonal Bescheid gegeben – denn sie waren damals meine Ersatzfamilie. Sie haben sich auch so für mich gefreut.“
Einige Wochen später findet die eigentliche Transplantation statt. In Vorbereitung darauf wird zunächst Marias komplettes Immunsystem herunter gefahren und sie liegt damals in einem speziellen Isolierzimmer. Als endlich der Beutel mit den Stammzellen gebracht wird, ist ihr Ehemann an ihrer Seite. „Wir konnten es kaum fassen, dass darin meine Chance auf Weiterleben steckt. Ich war aufgeregt vor Freude, hatte aber auch ein wenig Angst, vor dem was kommt.“ Und Maria kämpft und schon bald gibt es eine Nachricht, die weiter Hoffnung gibt: Die Stammzellen haben ihren Körper angenommen und es bildet sich ein neues Immunsystem.
Wichtig war und ist ihr in all der Zeit der familiäre Zusammenhalt. „Mein Heimatland ist und bleibt Venezuela, obwohl meine Familie mittlerweile in alle Welt verstreut lebt – in den USA, Spanien, Frankreich und England.“ Auch sie hat schon in mehreren Ländern gelebt und gearbeitet – beispielsweise für den diplomatischen Dienst in Spanien. Als sie dann vor etwa 10 Jahren noch einmal ein Masterstudium dran hängen wollte, kam sie nach Regensburg, wo sie Amerikanistik und Internationale Geschichte studierte. In dieser Zeit lernt sie über eine Facebook ihren heutigen Ehemann kennen – er war wiederum der Freund einer gemeinsamen Freundin und beide hatten Interesse am Thema Buddhismus. So verschlug es die Venezolanerin schließlich nach Bielefeld.
Neben dem großen Ziel, so bald wie möglich wieder arbeiten zu gehen, hat sie einen weiteren großen Wunsch: Sie möchte den Menschen kennen lernen, der ihr mit seiner uneigennützigen Spende die Chance auf ein neues Leben geschenkt hat. „Mich hat in der Phase nach der Transplantation auch die Motivation angetrieben, dass ich ihm zeigen wollte, dass seine Stammzellen mich gerettet haben. Dafür gilt ihm mein großer Dank und ich bin schon sehr gespannt, ob es zu einem Treffen kommen wird.“